Novembermittag

Heute habe ich die Maler, die den Wasserschaden an meiner Schlafzimmerdecke überpinseln sollen. Ehrlich gesagt, sie sind schon fertig, aber sie waren der Anlass, heute im Home Office zu bleiben. Zusätzlicher Hintergedanke: eine Mittagsrunde bei Tageslicht. Unglücklicherweise war heute früh die Heizung ausgefallen, so dass ich schon überlegte, doch noch ins Büro zu gehen. Da ich mangels heißem Wasser aber auch nicht geduscht war, habe ich den Gedanken gleich wieder verworfen. Um kurz nach zwölf regnet es mal nicht, und gerade, als ich meine Eiszapfenzehen in die Laufschuhe zwängen will, kündigt ein Gluckern die Rückkehr der Heizung an. Ein prüfender Griff an den Heizkörper bestätigt: jawoll, warm! Da kann ich ja beruhigt loslaufen.

Nach all dem Gerenne heute mal ganz gemütlich. Anfangs ist es kalt. Zu kalt. Es nieselt, aber ich beschließe, frühestens nach zwei Kilometern ein abschließendes Urteil über die gewählte Textilstärke zu fällen. Na bitte, allmählich tauen Hände und Füße auf, geht doch. Heute denke ich wahrscheinlich gar nichts, kann mich außer an ein paar Eindrücke jedenfalls an nichts erinnern: Da ist der tolle Blick vom Hohen Bogen: Funkturm und ICC zur Linken, Kraftwerk Wilmersdorf zur Rechten, unter mir rauscht der Verkehr auf der Autobahn. Dort fühle ich mich von großer Ingenieurskunst umgeben. Auf dem Weg durch den Park tragen kleine Gesprächsfetzen zu meiner Unterhaltung bei: ein Mann erklärt seiner Begleiterin, die er um einiges überragt, dass er den Schirm tragen müsse, sonst… da bin ich auch schon vorbei. Ein paar Schüler stehen um Parkbänke herum. Einer ruft Namen mit gekünstelter Lehrerinnenstimme auf, die anderen lachen. Ein Läufer, der mir zweimal entgegen kommt, schaut ständig auf ein halb aufgeweichtes DIN A4-Blatt, das er in der Hand hält. Ein Zeit- oder Stadtplan? Ich kann es im Vorbeilaufen nicht erkennen. Ein niedliches junges Hündchen heißt Antonella, hört aber nicht darauf. Das war’s schon, nach gemütlichen achteinhalb Kilometern bin ich wieder zu Hause, froh, mal wieder unter der Woche bei Tageslicht unterwegs gewesen zu sein, hungrig und sehr zufrieden, dass es wieder heißes Wasser gibt.

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