Laufen auf Reisen – im Dunkeln ist es öd

Der Flieger zurück nach Addis geht um neun, d. h., der Flughafenshuttle um sieben, und wenn ich vorher laufen will, muss es wohl so früh wie gestern sein. Immerhin weiß ich schon, dass ich es nicht zum Fürchten finde, im Dunkeln zu laufen. Diesmal ohne Verabredung. Ich wecke wieder den Torwächter und laufe los. Im Dunkeln ist es ziemlich langweilig. Ich muss auf der Hauptstraße bleiben, es ist ziemlich leer, bzw. einfach öd, Fußgänger zu überholen, die nichts anderes tun als zu Fuß zu gehen, oder von Tuktuks überholt zu werden, die einfach nur tuckern. Ich sehe wenige Läufer, zwei recht flott, einer eher gemächlich, heute leider keinen, der schwebt. Trotzdem ist es langweilig. Am Ortsende, wo die Straßenlaternen aufhören, kehre ich um, laufe zurück, am Hotel vorbei, bis auf der anderen Seite zwar nicht die Laternen aufhören, es mir aber zu einsam wird. Wieder zurück in die erste Richtung. Es ist immer noch dunkel und immer noch langweilig. Ich bin ein bisschen genervt, dass die paar Fahrzeuge so furchtbar stinken.

Kurz vor Schluss gibt es noch in kleines Highlight. Vor mir laufen zwei Jungs in Trainingsanzügen sehr gemütlich. Ein Dritter begleitet sie auf dem Rad und sie plaudern die ganze Zeit. Ich wundere mich ein bisschen, dass sie so langsam sind, denn sie laufen einfach schön. Dennoch komme ich ganz allmählich näher. An der Kirche passiert es einfach so: sie müssen stehenbleiben, um sich zu bekreuzigen, ich ziehe vorbei. Aber wupp, sind sie wieder da und der eine erzählt mir einen vom Pferd: dass sein Kumpel der schnellste 5000-Meter-Läufer von Äthiopien sei, er der beste Halbmarathonläufer. Außerdem würden sie nach London fahren zu Olympia. Sein Name sei Tiger. Ehrlich gesagt, habe ich nach der Erfahrung von gestern und einigen anderen Begegnungen in Bahir Dar, die eher touristischer Natur waren, kein Wort geglaubt, aber achtet mal darauf: falls ihr von einem Spitzenläufer mit Spitznamen Tiger hört, mit dem bin ich ein Stück gelaufen. Und vor dem Hotel habe ich die kumpelhafte Variante der äthiopischen Verabschiedung bekommen, dabei reicht man sich die rechte Hand, zieht das Gegenüber zu sich heran, und stößt auch noch leicht mit der rechten Schulter aneinander. Aber auch wenn ich mir darauf nicht später mal was einbilden kann, war diese Begegnung zumindest spaßig.

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