Laufroutine

Laufen funktioniert am besten, wenn es regelmäßig passiert. Das ist bekannt. Die Regelmäßigkeit herzustellen, ist der Trick. Für mich funktioniert es am besten, wenn ich nicht erst darüber nachdenken muss, wann ein Lauf in meine volle Woche passt, sondern die Termine mehr oder weniger feststehen. Donnerstags laufe ich in die Arbeit. Das geht, weil ich normalerweise vorher dienstags nach Hause gelaufen bin und im Büro ein Satz Kleidung auf mich wartet – und schon sind zwei Termine unter der Woche fest eingeplant.

Heute ist es spät, denn ich habe mich trotz Minimalfrühstück (nüchtern laufen macht mir keinen Spaß) mit der Zeitung vertrödelt. Als ich aus dem Haus trete, ist es schon kurz vor acht. Die Uhr sucht Satelliten, derweil stöpsle ich mir die Kopfhörer in die Ohren und starte mein Hörbuch. Auf Routinestrecken lasse ich mir gerne etwas vorlesen, derzeit Margaret Atwoods erstes Buch The Edible Woman. Meine Arbeitsstelle ist auf direktem Weg nur dreieinhalb Kilometer von zu Hause entfernt, das ist sehr praktisch, denn ich kann die Streckenlänge je nach Zeit und Lust prima variieren.

Heute reicht es für acht Kilometer, das heißt, erstmal zwischen den Fünzigerjahrebauten durch, über die große Kreuzung Martin-Luther-/Hohenstaufenstraße und dann nach Südosten durch die Schwäbische Straße direkt auf die Apostel-Paulus-Kirche zu – ich mag solche Blickachsen. Der Himmel hinter dem Kirchturm leuchtet rosa. Am Ende der kleinen Parkanlage, die die Schwäbische Straße unterbricht, begegne ich meiner Freundin B., die gerade mit Hündin Ella aus dem Haus tritt. Wir sind beide spät dran, begrüßen uns nur kurz – aber das ist ok, wir sind am Sonntag verabredet.

Ich laufe über den Vorplatz der Kirche, durch die Vorbergstraße, kurze Links-Rechts-Kombination über die Haupt- und durch die Helmstraße. Am Ende gibt es einen Fußweg, der hinter den Häusern bis zum S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke führt. Von dort brauche ich nur kurz die Kolonnenstraße zu queren und bin schon fast im Gasometerpark. Am S-Bahnhof Schöneberg biege ich in die Ebersstraße ein – auch eine kleine ruhige Straße, an deren Ende ich am Innsbrucker Platz nur schnell unter Auto- und S-Bahn durch muss und dann schon wieder Friedenauer Nebenstraßen nehmen kann. Überhaupt: Friedenau ist sehr wichtig für meinen Arbeitsweg. Egal, welche Strecke ich laufe, der BäckerMann am Südwestkorso ist Pflicht. Hier kaufe ich eine Butterbrezel und ein Rosinenbrötchen. Für Laugenbrezeln gibt es in ganz Berlin sowieso keine bessere (oder auch nur halbwegs akzeptable) Bezugsquelle, aber auch die Rosinenbrötchen sind großartig – und der Käsekuchen, der ist aber nicht im Laufrucksack transportabel.

Ab hier sind es noch mindestens drei Kilometer. Heute nehme ich den direktesten Weg: Offenbacher, Hohensteiner, Hanauer Straße. Letztere endet am Heidelberger Platz. Schon wieder ein S-Bahnhof. Ab hier geht es durch die Rudolstädter Straße, am Zugang zum Volkspark Wilmersdorf vorbei – auch eine Streckenoption, aber die wäre mir heute zu kurz gewesen. An der Kreuzung am Hohenzollerndamm (die fünfte S-Bahnstation auf meinem Weg), treffe ich einen Kollegen auf dem Fahrrad. Jetzt sind es nur noch wenige Meter.

Mir fällt ein, dass ich vergessen habe, ein Handtuch im Büro zu deponieren. Ich gehe kurz im Fitnessraum vorbei, wo zwei Kollegen auf der Matte liegen und unter Anleitung ihre Bauchmuskeln trainieren. Von der Trainerin leihe ich mir ein Handtuch. Ich verspreche es nachmittags zu meinem Sporttermin wieder mitzubringen. Schnell bringe ich meine Sachen ins Büro, aber ich bin zu langsam. Die Kollegen waren offensichtlich fast fertig mit ihrem Sportprogramm, denn bis ich ankomme, sind beide Duschen belegt – das kommt vom zu späten Loslaufen. Macht nichts, ich esse erstmal die Butterbrezel – köstlich. Dann duschen und der Arbeitstag kann kommen.

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