Korfu

Inzwischen sind wir wieder zurück auf Korfu. Wir hatten noch ein sehr schönes Abschiedsessen bei Mila und Iliri: Salat, Fisch und Oktopus, gebratenen Käse mit Honig, Spaghetti mit diesen berühmten Muscheln und Obst. Als Iliri den Raki herausholte, gingen Mila und ich schlafen. Die Männer saßen noch lange, aber denen fällt das Abschiednehmen wohl schwerer als mir.

Zurück in Korfu-Stadt meldeten wir uns als erstes im Café Palladio bei Vasiliki, die sich richtig freute, dass wir wieder da waren und dass es uns in Albanien so gut gefallen hat. In der Stadt schienen alle Hotels und Airbnb-Unterkünfte ausgebucht. Vasiliki telefonierte ein bisschen herum und brachte dann Konstantinos dazu, selber woanders zu schlafen und uns sein Bett zu überlassen. Das war wirklich großartig. Vangelis und Freundin Marisa kamen vorbei, und wieder tranken wir Bier auf dem Platz.

Heute haben wir noch Zeit für ein bisschen Tourismus, bevor abends der Flug zurück geht, aber eigentlich ist der Abend vor dem Palladio der eigentliche Abschluss dieser Reise.

Korfu

Mehr Strand

Kella macht uns Frühstück auf der Terrasse, dann fahren wir los.

Wir haben einen Plan: schon vor unserer Abreise hatte ich beim Studieren von Googlemaps ein Hotel gesehen, das etwas ab von der Hauptstraße liegt und einen kleinen Weg zum Strand hat. Leider hatte ich den Namen vergessen, und auf der ansonsten supertollen OsmAnd-Offlinekarte ist es nicht drauf. Ich habe tagelang gesucht, immer wenn wir WLAN hatten, gpsies, Googlemaps und OsmAnd abgesucht, es aber nicht mehr gefunden. Vor ein paar Tagen war es dann wieder da, aber gestern ohne WLAN gleich wieder weg. Aus der Not buche ich bei O2 ein bisschen Datenvolumen. Es ist schneckenlangsam, aber ich finde es: Lumra Rooms in Lukovë. Nach nicht mal zwanzig Minuten sind wir schon da. Das Hotel sieht bisschen aus wie eine Sahnetorte, rosa mit weißen Balusterbrüstungen auf allen Etagen.

Sahnetorte

Die Lage ist umwerfend, vom Garten und den Balkonen aus kann man aufs Meer schauen. Die Wirtin Valentina spricht nicht englisch, aber griechisch, damit macht Titus schnell ein Zimmer klar.

Danach ist Strand dran. Es gibt eine palmblattgedeckte Strandbar, ein paar Sonnenschutzdächer aus Palmblättern und kaum Leute. Baden, lesen, barfuß im Kies am Strand entlang gehen, Baden, lesen, usw. Irgendwann kommt ein Gewitter, Zeit für ein paar Bier und gebratenen Fisch in der Strandbar. So geht Erholung.

Endlich Strand

Weil uns Vlorë nicht wirklich interessiert, brechen wir gleich nach dem Frühstück auf. Ich fahre endlich einmal und stelle dabei fest, dass das gar nicht so schlimm ist wie befürchtet, weder macht die etwas eigenwillige Lenkung ernste Probleme, noch die kurvige Straße, die sich im Llogara-Nationalpark zuerst durch dunkelgrünen Bergwald hoch und hinter dem Llogara-Pass in spektakulären Serpentinen nach unten ans Meer schlängelt. Vom Pass aus ist die Aussicht grandios, es ist zwar eher diesig, das Meer überhaupt nicht türkisfarben und eher zu ahnen als zu sehen, aber dennoch großartig.

Llogara-Pass

Hinter Dhermi passen wir auf, die Ausfahrt zum Gjipe-Beach nicht zu verpassen. Hier kann man auf einem schönen Weg ca. drei Kilometer zum Strand hinunter wandern. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert, Extraschilder weisen den Weg zu „Panoramic“-Aussichtsplattformen, von denen aus man in den Canyon schauen kann. Auf den meisten Fotos, die sich im Internet finden, wirkt der Strand sehr einsam, tatsächlich gibt’s dann aber doch ein paar Strandliegen und Sonnenschirme und eine Hausruine – ob die wohl dem Abriss illegal errichteter Gebäude an der Küste zum Opfer gefallen ist?

Gjipe

Es sind nicht viele Leute da, unsere Nachbarn sprechen russisch, die, die als nächstes kommen polnisch. Das Wasser ist jetzt doch endlich wunderbar türkisfarben, die Temperatur perfekt, noch erfrischend, aber es fällt nicht schwer, reinzugehen. Schwimmen ist wunderbar.

Weil wir am späteren Nachmittag lose mit den Sarandern verabredet sind – wie ist das nur wieder passiert? – machen wir uns irgendwann wieder auf den Weg nach oben. Hinter dem Scheibenwischer finden wir einen Zettel von Iliri, der auf dem Weg irgendwohin vorbeikam und das Auto erkannte. Er hat unsere nächste Unterkunft klargemacht, ein Privatquartier in Piqeras. Wir sollen einen Herrn Qasim anrufen. Das ist dann gar nicht nötig, denn wir treffen ihn gleich am Dorfplatz in Piqeras. Er zeigt uns die Wohnung und kündigt an, dass Mila und Iliri zum Abendessen kommen werden, er will ein Lamm grillen. Ich glaube, nach diesem Urlaub brauche ich erstmal einen vegetarischen Monat. Die Wohnung ist nun ja, recht groß, aber das Zimmer mit Balkon ist abgeschlossen, alle Vorhänge sind zugezogen, es ist düster, die Möbel waren wohl irgendwo übrig. WLAN gibt es nicht.

Wir gehen erstmal wieder raus. Wir finden kein Lokal, wo wir uns mit einem kleinen Salat stärken könnten, aber Titus beschwatzt die Frau aus dem Tante-Emma-Laden, uns einen zu machen, schließlich hat sie ja alles da. Sie lacht und serviert einen großen Salat mit viel Feta drauf. Wir beraten, wie wir morgen und übermorgen Iliris Fittichen entwischen. Familienanschluss bringt soziale Verpflichtungen mit sich, das hat Vor- und Nachteile.

Zurück in der Wohnung ruhen wir ein bisschen aus, als Qasim kommt und mir sein Telefon reicht – Iliri ist dran und sagt ab. Qasim bietet an, Abendessen vorbeizubringen. Als wir gegessen haben, wird es draußen laut, Iliri hat seine Gäste in der Villa abgefüttert und ist mit Mila doch noch hergefahren. Wir erfahren, dass Qasim Iliris Schwippschwager ist, und verbringen den Abend mit der Familie auf der Terrasse. Ein Kätzchen läuft herum, springt mir auf den Schoß und schnurrt laut. Schön. Kella und Qasim haben außerdem Ziegen und einen Esel, bauen Gemüse und Obst für den eigenen Bedarf an, machen Feta.

Fahren, fahren, fahren

Heute ist unser längster Fahrtag. Es gibt zwar eine ziemlich direkte Sraße von Përmet nach Berat, die SH 72, aber leider behaupten die Einheimischen übereinstimmend, dass unser Auto dafür nicht geeignet sei. Die Straße sei so schlecht, dass der Weg außenrum zwar weiter, aber schneller sei.

Die Landschaft ist toll, das Wetter schön, wir sehen wieder Schafe und Esel, in Këlcyrë quert ein besonders schönes schwarzes Schwein die Straße.

Erste Kaffeepause ist in Tepelenë. Die Straße durchs Zentrum wurde ganz neu mit den ortsüblichen zweifarbigen Schieferplatten gepflastert, die das abendliche Flanieren bestimmt sehr angenehm machen. Parken ist nicht erlaubt. Titus fragt einen Polizisten, wo wir denn das Auto abstellen dürfen, wenn wir einen Kaffee trinken möchten. Der Polizist fragt zurück „Kaffee?“ und zeigt dann neben sich. Wir parken auf polizeiliches Geheiß im Parkverbot.

Vor Ballsh riecht es merkwürdig. Es stehen viele kleine Ölfördertürme in der Landschaft, bei manchen bewegen sich die Pumpen. Der Gestank geht von einem ölverseuchten Tümpel aus. Daneben stehen schwarze Tanks.

Ölförderung

Bei unserem Fotostop treffen wir auf einen niedlichen Babyesel, den wir mit unserem Proviantapfel füttern.

Esel

In Ballsh können wir gerade noch einen Imbiss betreten, bevor das nächste Gewitter losbricht. Wir bestellen Salat und Souflaki und kommen mit einem jungen Mann ins Gespräch, der kürzlich ein Wirtschaftsstudium in Tirana abgeschlossen hat und jetzt einen Job sucht. Das ist nicht leicht, am liebsten würde er ins Ausland gehen. In Ballsh hat die Ölraffinerie Pleite gemacht. Es gab aber Verhandlungen und alle hoffen, dass sie im Oktober wieder eröffnet. Es geht um über tausend Arbeitsplätze, ob sie auch einen Accountant suchen, ist ungewiss. Als wir gehen wollen, werden wir noch einmal angesprochen. Diesmal auf deutsch. Hassan besteht darauf, uns auf einen Espresso einzuladen. Er war als Asylbewerber in Dortmund, wo es ihm gut gefallen hat. Er wurde zurück geschickt und handelt jetzt mit Schuhen. Gutes Business. Aber am liebsten würde er wieder nach Deutschland gehen.

Die Gegend hinter Ballsh ist ziemlich zersiedelt, die Ortschaften gehen nahtlos ineinander über, scheußliche Bauten und Bauruinen soweit das Auge reicht. Es regnet so stark, dass der Scheibenwischer es gerade so schafft. Super, dass die Karre an der Stelle überhaupt so gut ausgerüstet ist. Und dann sind wir plötzlich schneller als gedacht in Berat.

Das Hotel Mangalemi, das Iliri uns empfohlen hat, erweist sich als Gebäude aus dem 18. Jahrhundert mitten im moslemischen Teil der Altstadt. Wir machen noch einen Regenspaziergang mit dem albanischen Schirm, der fast zu breit für die schmalen Gässchen ist. Dann ist es auch schon Zeit fürs Abendessen im Hotel. Das erweist sich als sehr köstlich. Zum Nachtisch genehmigen wir uns einen Raki, der in interessanten Kühlbehältern aus Kupfer serviert wird. Das Glas steht ein einer Art mit Eis gefüllen Gugelhupfform. Der Raki aus Kornelkirschen ist die Wahl des Abends.

Raki

Von Gjirokastër nach Përmet

Vor der Abreise aus Gjirokastër haben wir noch Pläne: Kaffee trinken und das Zekate-Haus besichtigen. Vor den Cafés des alten Basars sitzen wie immer die alten Männer und erzählen sich was, irgendwie gemütlich, auch wenn es mich ein wenig verstimmt, dass ältere Frauen fast nur mit Einkaufstaschen zu sehen sind und nie einfach nur vor dem Café rumsitzen. Jüngere Menschen scheinen tagsüber sowieso anderweitig beschäftigt zu sein.

Papou

Das Zekate-Haus ist ein Wehrturmhaus, aber eines, das wohl eher ein Angebermodell war. Von vorne sieht es sehr wehrhaft aus, aber von hinten hätte man einfach reinspazieren können. Es ist niemand da, der   Eintrittskarten verkauft, wir dürfen einfach hineingehen. Das Haus ist unglaublich beeindruckend.

Zekate-Haus

Unten gibt es eine Zisterne – heutzutage in Form eines Wasserhahns – und Platz für Tiere und Lagerräume, darüber Räume für Bedienstete, dann die Winterräume und ganz oben die Sommerräume. Da es außerhalb der Saison offensichtlich keine Sachverständigen gibt und die Erklärungstafel vermutlich mit Google-Translate übersetzt wurde, müssen wir uns vieles zusammenreimen.

Sommerwohnraum

Die Fahrt nach Përmet dauert knapp zwei Stunden, unterwegs sehen wir einen sehr unordentlichen Autofriedhof, viele Stellen, an denen zum Gedenken an Unfalltote richtige Grabsteine mit Zäunen und Kunstblumen aufgestellt wurden, Berge, die Schlucht von Këlcyrë, den Ort Këlcyrë, wo es in jedem Laden Kunstblumen zu kaufen gibt.
Als eine große Schaf- und Ziegenherde die Straße quert, macht Titus den Motor aus und wir schauen zu. Am Ende winkt Titus noch den Schäfer vorbei, aber der kommt ans Fenster und schenkt uns Weintrauben. Vielleicht hat es ihm gefallen, dass wir so geduldig waren.

Wir mieten uns in Përmet im Hotel Ramizi ein, und ziehen gleich los. An einem Laden an der Hauptstraße sehe ich einen Albanien-Schal hängen. So einen hatte Klodi vorne auf dem Armaturenbrett liegen, und Titus hatte sich in den Kopf gesetzt, auch einen in unserem Leihauto zu drapieren. Endlich gibt es mal einen. Wir parken, gehen rüber und Titus fragt auf griechisch nach dem Preis. Der Mann, der vor dem Laden steht sagt 5000 Lek. Titus fängt an zu argumentieren, dass er sich dafür ja in Deutschland Schals für die gesamte Bundesliga kaufen könne. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das richtig ist, frage mich, ob der Mann uns Böses wollen könne und halte es dann doch für ein Missverständnis. Die beiden diskutieren immer weiter, ich gehe in den Laden hinein und frage die Frau hinter dem Tresen in meinem besten Albanisch „Sa kushton kjo?“ – was kostet das, und zeige auf den Schal. Der Haken an dieser Frage ist, dass albanische Zahlen dermaßen unverständlich sind, dass ich die Antwort nie verstehe. Aber dafür gibt es in den Läden ja Taschenrechner. Sie tippt 500 ein, und da fällt uns wieder ein, was das ist: irgendwann gab es eine Währungsreform, bei der dem Lek eine Null weggenommen wurde. Ältere Leute benutzen die Null aber im Sprachgebrauch immer noch, das heißt, sie sagen 5000, meinen aber 500. Als die Frau an mir vorbei geht, um den Schal mit einer langen Stange herunterzuholen, kneift sie mich freundlich, aber kräftig in die Seite und lacht dazu. Wir bekommen den Schal und Titus kann das Auto dekorieren.

Wir essen nebenan noch eine Suppe und machen dann einen Ausflug zu den heißen Quellen von Banjat e Benjës. Es gibt viele Thermalquellen in der Gegend, aber die hier liegt direkt hinter einer schönen Steinbogenbrücke.

Thermalquelle hinter Brücke

Im Thermalbecken sitzen einige TouristInnen, wir ziehen uns Badesachen an und klettern auch rein. Es macht Spaß sich auf dem Rücken treiben zu lassen und ein wenig umher zu tauchen. Wieso ist das Wasser so türkis? Es riecht ganz leicht nach gekochten Eiern, das ist bestimmt gut für die Haut. Die französischen TouristInnen gehen, andere kommen, wir bleiben ganz lange, denn es ist so schön aus dem warmen Wasser auf die wunderbare Gegend zu schauen. Als wir zurück gehen, sitzt in dem anderen Becken direkt unterhalb der Brücke ein alter Mann mit einem Stock und singt.

Auf dem Rückweg besuchen wir noch die Kisha Shën Mërise, die Marienkirche aus dem 17. Jahrhundert. Die ist gar nicht so leicht zu erreichen, denn der Fußweg fühlt sich viel weiter an als der Reiseführer behauptet. Der Pfad geht steil bergauf, der Wald riecht gut. Die Kirche liegt ganz verwunschen kurz vor dem Dorf Leusë im Wald. Wir haben Glück, denn es ist offen. Die Wanderer, die uns unterwegs überholt haben, haben anscheinend im Dorf die Frau mit dem Schlüssel gefunden. 

Kisha Shën Mërise