Spaß mit Zahlen

Weil ich die „Tapsfüße“ aka Vibram Speed im Gepäck habe, musste ich heute zweimal laufen. Durch geballte Jogmap-Kompetenz bin ich gewarnt, dass sich das Fahrgestell langsam an die andere Belastung gewöhnen soll, deshalb gibt es vor dem Frühstück nur kleine dreieinhalb Kilometer Richtung „Kuhsprudel“ und zurück. Wo immer es geht auf dem Rasen des Kurparks. Es fühlt sich leicht an, aber mehr Zeit ist sowieso nicht, also zurück zum Hotel.

Nach Feierabend fühle ich mich noch ganz und gar nicht läuferisch ausgelastet und beschließe, die Nidda in die andere Richtung zu erforschen, allerdings mit „richtigen“ Schuhen. Beim lockeren Einlaufen kommt mir plötzlich der Gedanke, dass es ja mal wieder etwas schneller gehen könnte. Nach zweieinhalb km beschleunige ich auf knappe 5:30. Die Idee ist, das Tempo 7km lang zu halten und dann wieder locker auszulaufen. Dieses Mal achte ich darauf, immer das Niddaufer mit dem besseren Weg zu erwischen. Der Wind bläst mir kräftig entgegen, jedenfalls meistens, denn die Nidda hat Kurven. In der Ferne ist der Höhenzug des Taunus zu sehen, aber hier ist es völlig flach. Na, wenn ich es schaffe, in dieser Richtung das Tempo zu halten, kann ich ja zur Belohnung nach 6 km umkehren und mich vom Wind schieben lassen. So mache ich es. Weil es so gut läuft, renne ich weiter schnell, bis 10 km voll sind – mit den lockeren 2,5 km vom Anfang habe ich bis dahin nur etwas über 55 Minuten gebraucht. Für meine Verhältnisse ist das ziemlich flott. Ich laufe den Rest wieder locker aus und bin nach 11,73 km und 1:06 wieder im Hotel.

Unter der Dusche merke ich, dass die Rennerei zwar Spaß gemacht hat, dass ich vor lauter Kopfrechnen aber weniger von der Gegend mitbekommen habe als vorgestern auf meinem anderen Niddalauf. Bis auf ein paar Enten sind mir jedenfalls keine interessanten Tiere aufgefallen. Bloß gut, dass ich nicht immer so mit Zahlen beschäftigt bin.

Wo Kühe Römersprudel trinken

Heute ein kleines Rätsel. Dienstreise, Anreise per Bahn – ich liebe Bahnfahren, wirklich – auf dem Bahnhof um Viertel vor Sechs die erste Ansage: Zug hat 15 Minuten Verspätung wegen Technik. Grummeln unter den Businesskaspern, die den Bahnsteig bevölkern. Nächste Ansage: Zug hat 30 Minuten Verspätung wegen Technik. Mehr Grummeln. Letzte Ansage: Zug fährt nicht, ICE-Lok kaputt, alle sollen den nächsten Zug nehmen, der in 10 Minuten von Gleis 13 fährt. Wir wechseln den Bahnsteig… Anderthalb Stunden später als geplant bei der Kundschaft, arbeiten, Hotel, dann laufen.

Der Frühling ist schon weiter als bei uns in Berlin, überall blühen die Bäume, die Abendsonne wärmt noch richtig, ich laufe am Fluss entlang. Viele tun das: laufen, radeln, spazieren… Ein Reiher steht im Wasser, gegenüber grasen Kühe, etwas weiter zwei weiße Pferde. An einem Platz mit einer niedrigen Einfriedung aus Rundhölzern zwei lustige Schilder: „Kleinpferde“ und ein paar Meter weiter „Großpferde“ – es sind aber keine da.

Vor mir ein Lauftreff, etwas langsamer unterwegs als ich. Kurz bevor ich sie einhole, überqueren sie eine Brücke – die kennen sich aus. Ich laufe geradeaus, das ist ein Fehler. Der Weg wird schmaler, noch schmaler, dann ist er weg und es geht an einem Feldrand weiter. Brennesseln sollen gut gegen Rheuma sein, dann bekomme ich jetzt jedenfalls kein Rheuma in den Knöcheln. Ich will aber nicht umkehren – auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses ist ein schöner Weg, und irgendwo muss ja wieder eine Brücke kommen. Der Weg hört ganz auf, und ich lege eine kurze Crossstrecke über ein Stück Brachland zwischen Feldern ein. Dabei scheuche ich einen Hasen (einen echten!) und zwei Rebhühner auf. Es ist nicht wirklich weit, nur etwas mühsam zu laufen. Die nächsten Häuser sind in höchstens 500m Entfernung zu sehen, dort muss es auch eine Brücke geben. So ist es dann auch. Auf dem schönen Weg laufe ich zurück.

Kurz bevor ich den Ort wieder erreiche, steht eine Art Türmchen, und eine Brücke führt zu einer umbauten Quelle. Ein großes Schild erklärt, dass hier in den 20er Jahren der sehr mineralstoffreiche Römerbrunnen gebohrt wurde, und in dem Türmchen die natürliche Kohlensäure abgeschieden wird. Ich habe Durst, nehme an, dass ich hier einen Schluck aus dem sehr gesundheitsförderlichen Brunnen nehmen darf, und überquere die Brücke. Doch welche Enttäuschung: die Quelle sprudelt einladend inmitten einer brusthohen Plexiglas- und Stahlumzäunung, aber ich komme nicht ans Wasser ran. Es verschwindet einfach im Boden und läuft eine Etage tiefer aus einem Rohr über die Kuhweide in den Fluss. Die Kühe stehen an diesem Bächlein und trinken leckeren Römersprudel. Einen Moment lang bin ich neidisch und denke, och menno, ich will auch! Da sehe ich, dass auf der anderen Flussseite, dort, wo ich gerade herkomme, auch ein Rohr aus der Böschung ragt, aus dem ein dicker Wasserstrahl den umgebenden Untergrund rostig verfärbt. Nichts wie hin. Ich trinke ein paar Schluck, stelle fest, dass das Wasser wirklich sehr mineralisch bis rostig schmeckt, und kann mich wieder richtig dran freuen, dass hier die Kühe Mineralwasser bekommen.

Und nun das Rätsel: wo bin ich?