Laufen unterwegs – Klippenpfad

Als ich zum ersten Mal aus dem Fenster sehe, ist draußen orangefarbener Nebel. So etwas habe ich noch nie gesehen. Es riecht leicht nach Rauch, aber das Gehirn bekommt keine Verbindung zustande und blendet diesen Sachverhalt gleich wieder aus. Wir wundern uns nur über die Farbe.

Beim Frühstück sehen wir eine rote Sonne hinter dem Nebel, die das Meer rot glitzern lässt. Von der Kellnerin erfahren wir, dass es brennt. In Asturien und Galizien. Der Fernseher läuft und in einer Sondersendung sind Menschen zu sehen, die mit Eimerketten und Gartenschläuchen versuchen, das Feuer, das schon hinter dem Zaun des Nachbargrundstücks lodert, von ihren Häusern fernzuhalten. Das ist Galizien, der Waldbrand in Asturien sei schon unter Kontrolle sagt die Kellnerin. Zum Glück wird Regen erwartet.

Als wir vors Hotel treten, sieht der Himmel schon fast wieder normal aus. Dennoch ist es unheimlich zu wissen, dass gar nicht so weit entfernt Menschen gegen das Feuer kämpfen müssen.

Ich habe mir einen Weg ausgesucht, der von La Isla nach Colunga und auf dem Klippenpfad zurück führt. Durchs Dorf führt ein gelb-weiß markierter Wanderweg zwischen Obstwiesen und Kuhweiden nach Nordwesten. Die Apfelbäume hängen voller Äpfel, manche dunkelrot, andere eher gelb oder grün. Die Gegend ist für ihren Sidre bekannt.

Ich laufe durch ein kleines Dorf, neben fast jedem Haus steht ein Hórreo, ein Getreidespeicher. In Asturien sind sie quadratisch. Sie stehen auf dicken Holzsäulen, auf denen große Steinscheiben liegen, auf denen erst der eigentliche Speicher steht. Die Wände haben Lüftungsschlitze und die Steine halten Mäuse ab. Unter den Speichern steht oft Werkzeug, Mülltonnen oder anderes Gerümpel. Einer überdacht einen schönen altmodischen Kickertisch. Die Männlein haben noch richtig zwei Beine und einen kleinen Bauch. Als Wetterschutz war der Hórreo aberdoch eher ungeeignet, die Stangen bewegen sich kaum noch. Hier hat lange niemand gespielt.

Bevor ich loslief hatte ich noch angegeben, von wegen 120 Höhenmeter seien ja nix. Tja, kommt drauf an, auf wieviele Kilometer sie sich verteilen. In meinem Fall auf nicht sehr viel. Der Weg führt in einen Eukalyptuswald, und zwar steil und ziemlich matschig bergauf. Auf dem Weg wachsen gelbe und schwarze Pilze. Der Wald ist mindestens so hässlich wie unser Kiefernindustrieforst in Brandenburg, vor allem, weil der Farn, der am Boden wächst, um diese Jahreszeit schon braun verwelkt ist.

Eukalyptuswald

Es riecht zwar gut, aber das ist genau das Zeug, was ein Stück weiter so gut brennt. Als es mir zu steil wird, gehe ich ein bisschen, ich habe es schließlich nicht eilig. Runter ist dann fast genau so schwierig, weil der Untergrund sehr uneben und schwer zu belaufen ist.

Ich komme an der Playa Griega heraus, ein sehr schöner Strand, der vollkommen menschenleer ist. Ab hier ist der Weg einfach traumhaft, es geht oberhalb des Strands und dann an der Steilküste entlang. Zuerst komme ich an den berühmten Saurierspuren vorbei. Ohne Infotafel hätte ich sie sicher nicht erkannt, aber wenn das da Fußstapfen sind, waren die zugehörigen Beine ganz schön mächtig.

Saurierfußabdrücke

Ohne Referenzbeine ist das hier allerdings nicht wirklich zu erkennen. Es gibt in Colungga ein Sauriermuseum, das haben wir aber nicht besucht.

Immer wieder gibt es wunderbare Ausblicke Richtung Lastres. Als der Wald zu Ende ist, macht mich ein Schild darauf aufmerksam, dass ich auf eigenes Risiko unterwegs bin. Das bin ich gern, der Klippenpfad ist wunderschön. Es ist ein schmaler Fußpfad, zum Teil mit weichem Gras bewachsen. Die Aussicht ist wunderbar, am liebsten würde ich nach jeder Biegung stehen bleiben um sie zu genießen, aber ich bin zum Laufen hier. Ein paar kleine Stopps müssen aber schon sein.

Steilküste

In La Isla bin ich mit Titouli in der einzigen offenen Bar verabredet. Da sitzen jetzt nach Saisonende vor allem die Seniorinnen und Senioren des Orts zusammen, trinken Kaffe oder Sidre und knabbern Chips. Es wird lebhaft irgendwas diskutiert. Ich bekomme Wasser und ebenfalls ein Tütchen Chips – die sind selbstverständlich nur gesalzen, wie sich das gehört, und ein unglaublich leckerer Nachlauf-Snack.