Wo Kühe Römersprudel trinken

Heute ein kleines Rätsel. Dienstreise, Anreise per Bahn – ich liebe Bahnfahren, wirklich – auf dem Bahnhof um Viertel vor Sechs die erste Ansage: Zug hat 15 Minuten Verspätung wegen Technik. Grummeln unter den Businesskaspern, die den Bahnsteig bevölkern. Nächste Ansage: Zug hat 30 Minuten Verspätung wegen Technik. Mehr Grummeln. Letzte Ansage: Zug fährt nicht, ICE-Lok kaputt, alle sollen den nächsten Zug nehmen, der in 10 Minuten von Gleis 13 fährt. Wir wechseln den Bahnsteig… Anderthalb Stunden später als geplant bei der Kundschaft, arbeiten, Hotel, dann laufen.

Der Frühling ist schon weiter als bei uns in Berlin, überall blühen die Bäume, die Abendsonne wärmt noch richtig, ich laufe am Fluss entlang. Viele tun das: laufen, radeln, spazieren… Ein Reiher steht im Wasser, gegenüber grasen Kühe, etwas weiter zwei weiße Pferde. An einem Platz mit einer niedrigen Einfriedung aus Rundhölzern zwei lustige Schilder: „Kleinpferde“ und ein paar Meter weiter „Großpferde“ – es sind aber keine da.

Vor mir ein Lauftreff, etwas langsamer unterwegs als ich. Kurz bevor ich sie einhole, überqueren sie eine Brücke – die kennen sich aus. Ich laufe geradeaus, das ist ein Fehler. Der Weg wird schmaler, noch schmaler, dann ist er weg und es geht an einem Feldrand weiter. Brennesseln sollen gut gegen Rheuma sein, dann bekomme ich jetzt jedenfalls kein Rheuma in den Knöcheln. Ich will aber nicht umkehren – auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses ist ein schöner Weg, und irgendwo muss ja wieder eine Brücke kommen. Der Weg hört ganz auf, und ich lege eine kurze Crossstrecke über ein Stück Brachland zwischen Feldern ein. Dabei scheuche ich einen Hasen (einen echten!) und zwei Rebhühner auf. Es ist nicht wirklich weit, nur etwas mühsam zu laufen. Die nächsten Häuser sind in höchstens 500m Entfernung zu sehen, dort muss es auch eine Brücke geben. So ist es dann auch. Auf dem schönen Weg laufe ich zurück.

Kurz bevor ich den Ort wieder erreiche, steht eine Art Türmchen, und eine Brücke führt zu einer umbauten Quelle. Ein großes Schild erklärt, dass hier in den 20er Jahren der sehr mineralstoffreiche Römerbrunnen gebohrt wurde, und in dem Türmchen die natürliche Kohlensäure abgeschieden wird. Ich habe Durst, nehme an, dass ich hier einen Schluck aus dem sehr gesundheitsförderlichen Brunnen nehmen darf, und überquere die Brücke. Doch welche Enttäuschung: die Quelle sprudelt einladend inmitten einer brusthohen Plexiglas- und Stahlumzäunung, aber ich komme nicht ans Wasser ran. Es verschwindet einfach im Boden und läuft eine Etage tiefer aus einem Rohr über die Kuhweide in den Fluss. Die Kühe stehen an diesem Bächlein und trinken leckeren Römersprudel. Einen Moment lang bin ich neidisch und denke, och menno, ich will auch! Da sehe ich, dass auf der anderen Flussseite, dort, wo ich gerade herkomme, auch ein Rohr aus der Böschung ragt, aus dem ein dicker Wasserstrahl den umgebenden Untergrund rostig verfärbt. Nichts wie hin. Ich trinke ein paar Schluck, stelle fest, dass das Wasser wirklich sehr mineralisch bis rostig schmeckt, und kann mich wieder richtig dran freuen, dass hier die Kühe Mineralwasser bekommen.

Und nun das Rätsel: wo bin ich?

Hase und Igel beim Halbmarathon

Ein etwas zu lang geratener Bericht mit drei Vor- und zwei Abspännen (was war da noch mal der richtige Plural?) geschrieben unter dem Einfluss von literweise Endorphin, oder was immer da vor ein paar Stunden so ausgeschüttet wurde…

Vorspann Teil 1: Hibbeln? Was ist das?
Mit fast schon leisem Bedauern kommt es mir bis Mittwoch vor, als wäre der dritte HM schon gar kein Grund zur Aufregung mehr. Aber denkste…

Vorspann Teil 2: HIBBEL!!!
Am Donnerstagabend nach dem Messebesuch mit dem Hasen geht es los mit einem heftigen hypochondrischen Anfall: es kratzt im Hals, ich huste und niese (nein, ich bin nicht allergisch). Eimerweise Kräuter- und Ingwertee werden in den kratzenden Hals geschüttet, kiloweise Obst verdrückt. Wegen der Vitamine. Nachts träume ich von zwei verschiedenen Schuhen und rutschenden Socken an den Füßen, ich weiß nicht, wohin mit dem Kleiderbeutel und der Start ist auch nirgendwo zu finden. Grau-en-haft!

Besser wird es erst bei dem wirklich sehr schönen Jogmapper-Treffen in der Villa Kreuzberg am Samstagabend. Wir füllen einen ganzen Nebenraum. Der Kellner wundert sich über die Mengen an alkfreiem Weizen, die bestellt werden. Laufnad hatte die geniale Idee Namenschildchen mit Nick- und Echtname zu basteln – das ist prima, denn so bekommen einige Nicknames, die sich schon so lange bekannt anfühlen, endlich Gesichter. Danke, Nadine, das war super. Es macht Spaß mit euch allen und danach geht es mir viel besser.

Vorspann Teil 3: Anreise
Den Hasen treffe ich wie verabredet in der U-Bahn. Eigentlich geht der HM schon dort los, ich mag dieses erkennende Grinsen der zahlreichen Kleiderbeutelträger. Ab Alexanderplatz sind dann Massen von Läuferinnen und Läufern unterwegs, alle scheinen mir gut gelaunt, sogar das Anstehen am Dixie-Klo ist vergnüglich. Im Startblock E erfahren wir, dass in zwei Etappen gestartet wird, zuerst A-D, dann E. Das gäbe mir Gelegenheit nochmal schnell… Soll ich? Ich war doch eben erst. Aber jetzt sind die Dixies praktisch schlangenfrei. Also los, bevor es losgeht. Nachdem uns schon hier die Sonne auf die Köpfe knallt, finde ich es ja fast unhöflich, dass der Moderator dauernd von dem tollen Wetter schwärmt. Dann geht es tatsächlich los, Block E rückt an die Startlinie vor, es wird noch einmal runtergezählt…

Uuuuuund: Action!
Der Hase hat die Oberhoheit über die Zeit, ich vertraue ihm da voll und ganz und linse kaum mal verschämt auf die eigene Garmine. Ziel ist ungefähr 1:58 (also auf jeden Fall unter 2:00), das auch noch mit negativem Split, da ist der Hase ganz wissenschaftlich. Es läuft gut, die Stadt ist schön, Publikum ist auch da. Vor der Siegessäule steht unser Supporter, jubelt und macht Fotos. Später denke ich mir, wir sollten ihm nächstes Mal noch Getränke mitgeben. Aber zujubeln ist auch toll. Es ist einigermaßen weit bis zum ersten Wasserstand. Ab da schütte ich immer einen Becher Wasser über mich und einen rein. Wobei das mit dem Trinken im Laufen noch Verbesserungspotential hat. Ich bin verblüfft, wie schnell die erste Hälfte vorbei ist, dann ist da auch schon der Kudamm. Ich kündige dem Hasen an, dass ich gerade mal nicht beschleunigen möchte, der ist ganz verständnisvoll und meint, wir liegen gut in der Zeit. Seine Familie steht am Kudamm-Karree, alle jubeln, bis auf Töchterchen, die verschläft Papas Auftritt leider.

An der Urania steht der Supporter auf der falschen Seite, jubelt aber auch wieder vorbildlich. Am Potsdamer Platz sehe ich den ersten schockgelagerten Läufer auf dem Mittelstreifen, dem gerade 1. Hilfe geleistet wird. Es wird nicht der letzte sein, den wir sehen. Vor uns läuft eine Sebamed-Flasche. Boah, was sie dem wohl zahlen, dass er das Ding mit sich rumschleppt? Dann eine ganz große Überraschung: Der Schalk! Eigentlich lauert er strider auf; als wir ankommen ist er sicher, sie verpasst zu haben. Dann begleitet er eben uns das letzte Stück (das geht bei dem so: Zieleinlauf, Chip in den Kleiderbeutel und gegen den Strom zurück, dann die letzten drei Kilometer nochmal). Bekloppt! Und sooo klasse – da er sich auskennt, glaube ich ihm, dass es nicht mehr weit ist. Mit zwei Pacemakern fühle ich mich sehr privilegiert. Bei km 19 verkündet der Hase, wir befänden uns im Landeanflug, das Rauchen und Quatschen sei jetzt mal einzustellen. Die beiden ziehen das Tempo an, der Hase versichert dem Schalk, das würde ich schon aushalten, und da ich nicht protestiere, glaubt der es auch. Die Geschwindigkeit ist genial, ich schnaufe, habe aber nie das Gefühl, es nicht schaffen zu können. Die letzte Kurve, das Ziel ist in Sicht, die letzten Meter… geschafft!!! Das Hase-und-Igel-Team hat sein Ziel erreicht, 1:58:14. Hurra! Danke Hase, Danke Schalk!

Abspann Teil 1: Nackte Frauen, doofe Kellner
Kurz hinter dem Wasserstand (WASSER!!!) treffen wir strider, die fast gleichzeitig angekommen sein muss. Es gibt Bananenstücke und den Erdingerstand. Ein besonderes Erlebnis sind die Duschzelte. Ich war noch nie in einem, weil ich ja hier wohne und nach den bisherigen Läufen einfach nach Hause gefahren bin. Aber wir sind ja noch im Brauhaus verabredet, also gehe ich mit strider (viel erfahrener und besser ausgerüstet: Badelatschen!!!) ins Duschzelt. Es ist voll, wird aber gleich noch viiieeel voller werden. Wir sind glücklicherweise genau in dem Moment da, als die Schlangenbildung vor der Duschhälfte erst einsetzt – hinter uns eine lange Reihe nackter Frauen in allen Formaten und Altersklassen. Das sieht sehr nett aus. Von oben plätschert angenehm warmes Wasser, aber so dünn, dass ich froh bin, kein Shampoo dabei zu haben, das man mit dem Strahl sowieso nicht richtig rausgewaschen bekäme.

Schalks 1a-Logistik führt uns wieder zusammen und auf den Weg ins Brauhaus (unterwegs sammeln wir noch renbueh und inumi ein), wo schon ein großer Tisch mit Jogmappern besetzt ist. Leider verhindert der Kellner ein etwas geselligeres Arrangement der Tische. Er möchte einfach nicht, dass wir Möbel rücken, auch wenn wir sie nicht in seine Einflugschneise stellen würden. Dann halt nicht. Jetzt ist es dringend nötig, was zu trinken und zu essen und eine erste Nachbereitung auszutauschen. Den meisten war es sehr zu heiß, so dass die Erwartungen nicht so ganz oder auch gar nicht erfüllt wurden. Ich bin etwas gehemmt, weil ich das superbreite Grinsen nicht aus dem Gesicht bekomme. Leute: das war nicht mangelndes Mitfühlen, ich konnte es in dem Moment halt nicht so zeigen.

Abspann Teil 2: Völlig verpeilt – oder: aktive Regeneration
Noch im Brauhaus zuckt von schräg hinten ein Gedanke ins hitzegeschädigte Gehirn: Morgen ist Montag. Na und? Morgen muss ich nicht ins Büro, sondern zum Kunden. Waaaah!!! Ich habe am Freitag vor lauter HM-Fieber das Notebook im Büro gelassen. Heißt: ich werde mich zu Hause nicht gleich aufs Sofa werfen, sondern erstmal aufs Rad schwingen und die Ausrüstung holen gehen. Zum Glück ist es nicht weit, aber den Weg hätte ich lieber gespart. Egal, zur Belohnung kehre ich auf dem Rückweg noch in die Eisdiele ein und bestelle mir ein großes Eis mit viel Sahne.

PB bergab und mit Rückenwind

Es sind ja öfter Geschichten zu lesen, von Läufen über Hügel und Berge, gegen widrige Winde, in denen der Held oder die Heldin dann noch die persönliche Bestzeit „pulverisiert“. So war es am Sonntag in Spandau nicht.

Der Lauf der Sympathie wird durch die beiden Vereine VfV Spandau 1922 e.V. und TSV Falkensee e.V. ausgerichtet. Er gilt in der hauptstädtischen Laufszene anscheinend als sehr schnell und bietet sich für viele Teilnehmer/-innen des Berliner Halbmarathon an, die zwei Wochen vorher noch ein 10km-Testrennen im Trainingsplan zu stehen haben. Das trifft auch auf den Hasen und mich zu.

Als um 11 Uhr der Startschuss fällt, laufen wir auf die vermutlich langweiligste Laufstrecke von Berlin/Brandenburg: es geht 10km nur geradeaus (bis auf ein paar kaum erwähnenswerte Kurven am Schlus) von Falkensee nach Spandau. Ich will aber nicht meckern, denn es kommt mir vor, als ginge es ständig leicht bergab. Dazu weht definitiv ein spürbarer Wind aus westlicher Richtung – genau: von hinten!

Wir laufen flott los – „es“ läuft. Nach etwa der Hälfte habe ich zum ersten Mal im Leben das Gefühl, aha, so ist das, wenn man ein Rennen zu schnell startet. Interessant. Und jetzt soll ich nochmal so weit rennen? In dem Tempo? Kann das gut gehen? Bei km 7 kommt mir das Ganze ziemlich bescheuert vor, und ich habe keine Lust mehr. Da ich aber mit dem Hasen zusammen laufe, und der gelegentlich anfeuernde Dinge wie „Los Igel, dranbleiben!“ ruft, bleibe ich dran. Allerdings finde ich, dass es keinen Spaß mehr macht. Überhaupt keinen. Bei km 9 ruft der Hase „Ab hier ist es reine Willenssache“ Ein Mann fühlt sich angesprochen und meint, bei ihm sei es das schon seit km 3. Ich sage nichts, weil ich keine Luft zum Plaudern habe. Der Hase zieht an, ich versuche die Beine ordentlich zu heben und kann tatsächlich noch etwas beschleunigen, was ich innerlich eher trotzig zur Kenntnis nehme, denn schön ist es immer noch nicht. Aber wenn ich nun schon mal hier bin, versuche ich wenigstens „alles“ zu geben – im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten. In der Spandauer Altstadt liegt Kopfsteinpflaster, und kurz vor dem Ziel gibt es einen Anstieg von ca. 15cm, der mir irgendwie steil vorkommt. So eine Schinderei. Noch eine Kurve, da ist das Ziel, Musik spielt, die Matten fiepen, ankommen, Uhr abdrücken, den Hasen umarmen.

PB mit 51:21. Nicht gerade pulverisiert, aber bergab und mit Rückenwind um 21 Sekunden unterboten. Ich frage mich, ob das überhaupt zählt, aber die Windrichtung steht in der Ergebnisliste ja nicht drin.

P.S.: Fünf Minuten später ging es mir wieder bestens, und ich hab mich über die Zeit gefreut wie Bolle.

Sonntagslauf – Moabit ist eine Insel

Der Hase und ich wollen Moabit umrunden. Moabit ist nämlich eine Insel, wir wollen also immer am Wasser entlang einmal außen rum laufen. Dass das Bildchen was anderes zeigt, kam so:

Rund um Moabit

Um 1/2 10 holt er mich ab, geparkt wird etwas südlich des Brandenburger Tors, weil der Hase mir noch etwas zeigen will, das da im Tiergarten steht (ein Hollywoodschriftzug zu Ehren der Berlinale). Es regnet „mäßig“, wie wetter.com findet. Ich finde den Regen ausgesprochen nass, windig ist es außerdem, aber die Laune ist bestens.

Am Brandenburger Tor, dann vor dem Reichstag und am Humboldthafen vorbei, geht es ein Stückchen auf dem Mauerweg, dann immer auf der Weddinger Seite am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal entlang. Auf der Moabiter Seite gibt’s Industrieromantik und die Anlagen des Westhafens. An der Seestraßenbrücke fügen wir noch eine kleine Schleife einmal um den Plötzensee hinzu.

Spannend wird es, als uns nach Überqueren der Beusselstraße ein Verbotsschild das Weiterlaufen am Ufer verbieten will: „Betreten der Baustelle verboten“. Ich sehe keine Baustelle, der Hase findet, es müsse um die Baustelle der Autobahnauffahrt gehen. Wir diskutieren das aber nicht lange, sondern folgen dem Plan und dem Ufer. Da gibt es eine lange Anlegestelle für Lastkähne, wir laufen zwischen Kanal und Autobahn. Wind und Regen kommen genau von vorne, aber Hände und Füße sind noch warm. Ein wenig flau wird mir schon vom Thema, dass die Schiffer in dieser gottverlassenen Gegend ja nicht mal eben vom Kahn steigen und zum Bäcker gehen können. Als der Hase findet, dass uns ja mal einer zu Kaffee und einer heißen Wurst reinbitten könnte, knurrt mein Magen so laut, dass ich denke, der Hase müsste es eigentlich hören. In der Ferne ist eine Brücke zu sehen, die auf den ersten Blick aussieht, als würde sie Kanal und Autobahn und damit auch unseren Fußweg in einem eleganten Bogen überspannen. Beim Näherkommen entdecken wir zu unserer Erleichterung einen spiraligen Aufgang in der Mitte, wunderbar, der Kanal wird überquert.

Wir folgen dem Charlottenburger Verbindungskanal, der genau an der Stelle auf die Spree trifft, wo auch der Landwehrkanal dazu kommt. Eine richtige Wasserkreuzung, sehr schön. Leider versperrt eine blöde Strandbar den Durchgang zur nächsten Brücke. Zaun bis ans Wasser – Schweinerei. Ich schimpfe ein bisschen rum, dass ich dieses blöde Gartenlokal vielleicht gerne mal nach einem schönen Sommerläufchen besucht hätte, aber so, mit Wegabsperren, das geht ja gar nicht. Möge sie die Insolvenz dahinraffen.

Es geht also ein Stück zurück und auf der Straße zur Röntgenbrücke, dann südlich der Spree weiter zur Dovebrücke, schön den Spreebogen ausgelaufen ums Fraunhofer Institut herum und über die Gotzkowskybrücke. Ich habe Hunger und erwähne das auch so beiläufig. Der Hase hat beim Laufen nie Hunger, bietet mir aber an, einen Döner oder ein Frühlingsröllchen zu jagen. Ich lehne ab, wir laufen weiter. Ich merke, dass ich doch echt erledigt bin. Noch vor der nächsten Brücke bekomme ich fieses Seitenstechen – dabei soll das doch eher auftreten, wenn man vorher zu viel gegessen hat. Zuerst versuche ich es durch lustige Übungen wegzuturnen, laufe weiter, aber schon an der Hansabrücke ist wieder Schluss.

Kleinlaut mache ich den Vorschlag direkt durch den Tiergarten abzukürzen. So fieses Seitenstechen hatte ich noch nie. Wir gehen. Der Hase ist sehr geduldig und schlägt sogar vor, den Rest mit dem Taxi zu erledigen (wenn wir den Fahrer bitten, ganz langsam zu fahren, könnten wir es auf dem Satellitenbild noch als Endbeschleunigung ausgeben – schön, er bringt mich zum Lachen). Aber nix da, weiter geht’s. An der Fußgängerampel am Großen Stern fragt uns ein Läufer, ob wir erst anfangen oder schon fertig seien. „Fix und“ sage ich, das versteht er erstmal akkustisch nicht. Klinge ich schon so kläglich?

Nach einer kleinen Abkürzung querparkein trabe ich auf dem Parkweg doch wieder an. Dem besorgten Hasen erkläre ich meinen Interessenkonflikt: es ist zu kalt zum Gehen, auch wenn ich eigentlich zu fertig zum Laufen bin. Also mit unterirdischer Geschwindigkeit dahingeschlichen. Hoffentlich hat sich der Hase bei der Aktion nicht erkältet. Als wir endlich beim Hasenauto ankommen, bin ich sehr erleichtert. Der Hase beruhigt mich, dass es auch mal schlechte Tage geben dürfe. Ich weiß ja nicht. Schon – aber doch nicht so!

Eine Badewanne und ein Sofapäuschen später geht es mir wieder viel besser. Nun ja, es war ein eher geselliges Wochenende, ich hatte schon die zweite Nacht zu wenig geschlafen und war zu spät aufgestanden, um rechtzeitig vor dem Laufen mehr als ein winziges Häppchen zu frühstücken. Was lernt mir das? Vermutlich, dass ausreichender Nachtschlaf und anständiges Frühstück keinesfalls überschätzt werden.

Und hier die Zahlen: diese Woche bin ich 42,19 km gelaufen – wenn das kein gutes Omen ist. Die Gehpause musste ich ziemlich genau an der Stelle anfangen, wo ich unter glücklicheren Umständen meinen 3000. Jogmap-Kilometer hätte feiern können. Vielleicht hätte ich das stattdessen tun sollen. Der Lauf selber war 19km lang und dauerte 2 Stunden und 8 Minuten, wobei wir laut Auswertung etwa einen km gegangen sind.

Urlaub im Süden

Ein paar Tage Urlaub mit Elternbesuch in Baden-Württemberg, traumhaftes Wetter und ein ganz besonders schöner Lauf. Von der Haustür geht es erst einmal aus Riederich hinaus Richtung Grafenberg, dort einmal quer durch den Ort. An einem Parkplatz stoße ich auf den Mörike-Wanderweg (genau der mit dem Frühling und dem blauen Band – das auf den Wegmarkierungen soll wohl der Kopf von Herrn Mörike sein, im Profil mit Hut), der an dieser Stelle auf den Florian führt. Es geht in einem weiten Bogen um den Berg, so dass es nicht allzu steil ist. Ich schalte dennoch in den Dampflokmodus. Als ich aus dem Wald heraus komme, ist die Sicht aber so sensationell, dass ich das gleich als Ausrede nutze und zwischen den Weinreben ein Handyfoto mache (Mama vorher: „Kend, du nimmsch abr ’s Handy mit, wenn du alloi laufsch.“).

Blick auf Achalm

Weiter geht’s, kein Verzug, aber gleich nach der nächsten Biegung treffe ich auf in der Sonne dösende Ziegen. Die haben es so gemütlich, und ich schnaufe so, dass ich gleich wieder das Telefon zücke. Die Ziegen sind anscheinend besseres gewöhnt als nur fotografiert zu werden, denn zwei von ihnen kommen gleich angelaufen. Ich habe leider keine Leckereien für sie dabei (was mögen Ziegen – außer Gras?) und laufe weiter.

Ziegen

Auf einer Tafel knapp unterhalb des Gipfels steht etwas vom vulkanischen Ursprung und Basalttuff. Es handelt sich hier um einen Schlotpfropfen des Schwäbischen Vulkans. Aha. Auf dem Gipfel des Florian (522m) genieße ich erstmal kurz die Aussicht und mache noch zwei Fotos.

Aussicht

Mehr Aussicht

Abwärts wollte ich eigentlich fliegen, aber es ist matschig und glatt, so dass ich doch nicht so schnell bin. Auf einem anderen Weg geht es zurück nach Grafenberg. Dort haben sie noch einen kleineren Berg, den gleichnamigen nämlich (464m). Da will ich auch noch hoch, finde aber zuerst den Weg nicht. Ich glaube, auf dem Gipfel war ich zum letzten Mal, als ich in der vierten Klasse meine beiden Freundinnen überredete, eine heimliche Fahrradtour zu machen. Wir hatten einen Apfel als Proviant mit, das war toll. Lustig, was einer so wieder einfällt beim Laufen. Nochmal schalte ich in den Dampflokmodus (der Hase hätte seine Freude an meinem Geschnaufe), umrunde den Gipfel fast ganz, bis ich auf schmale Betonstufen treffe, die direkt nach oben führen. Hier muss ich gehen, denn die sind höchstens für Schuhgröße 34 geeignet und mit Reif überzogen. Noch einmal freu ich mich über die wunderbare Sicht, dann geht es auch gleich wieder hinab. Über Kleinbettlingen laufe ich zurück nach Riederich und komme nach dreizehneinhalb Kilometern gerade rechtzeitig, um noch schnell zu duschen, bevor die extra „für’s Kind“ gekochten Bohnenkerne (die letzten aus dem Garten) mit Spätzle fertig sind.