Da ist nichts

Am Samstag bin ich zum letzten Mal gelaufen. Eine lockere Runde um den Schlachtensee, es läuft ganz leicht, ganz plötzlich ein Stechen an einer Stelle, wo „nichts“ ist – außen an der linken Beckenschaufel. Kein Gelenk in der Nähe, nichts, was da weh tun sollte. Ich laufe weiter, aber es tut richtig weh. Also die Krumme Lanke weggelassen und aufgegeben. Nachts kann ich nicht schlafen, am Sonntag humpeln, am Montag-Dienstag lässt es etwas nach, und heute sollte es mal wieder ein Vorfrühstücksläufchen sein. Nix war’s. Jeder Schritt ist unangenehm, jeder Laufschritt tut weh. Da ist doch nichts, verdammt! Ich fühle mich wie eine Simulantin. Und: nein, ich bin eine bockige Kranke, ich war nicht bei der Ärztin – wüsste gar nicht, welches Fachgebiet ich mit so einem Blödsinn konsultieren sollte. Und was sollte die schon sagen? Schonen, bis es weg ist, was sonst? Ja, ich weiß: es gibt Schlimmeres. Aber draußen scheint die Sonne und ich bin dennoch verstimmt.

Übrigens (bevor jemand sagt, dass Ferndiagnose nicht möglich sei): das ist keine Frage an die Gemeinde, was es sein könnte, ich jammere hier nur ein bisschen rum.

Fast schnell

Es gab schon ein paar Gründe: Weil ich doch jetzt so schnelle Schuhe habe, weil ich ein bisschen verspielt bin und mit dem Garmin mal was Neues ausprobieren wollte und vielleicht auch ein bisschen, weil ich eine „richtige“ Läuferin sein möchte. Jedenfalls habe ich dem Garmin beigebracht, dass ich 2km einlaufen möchte, dann 4x1000m in 5:20, dann wieder 2km auslaufen.

Das Wetter ist super, ziemlich frisch, aber strahlendes Blau (wo ist denn die Aschewolke?), der Volkspark wimmelt nur so von Läuferinnen und Läufern. Dazwischen ich mit piepsendem Garmin – muss der so laut sein? Da hört ja jeder, dass ich hier merkwürdige Experimente mache. Schon dieses laute Runterzählen, bevor der nächste Abschnitt kommt!

Also gut, es geht los – ich merke, dass ich überhaupt kein Gefühl für Zeiten habe und renne viel zu schnell los. Mein elektronisches Helferlein bremst mich. Beim zweiten schnellen Intervall schnaufe ich ziemlich, beim dritten geht es gemeinerweise auch noch einen Hügel hoch und der Garmin ruft dauernd „schneller! schneller!“ Ich komme mir ein bisschen wie eine Hochstaplerin vor: ich und Geschwindigkeit!? Vielleicht hätte ich mich fürs erste Mal auf drei Intervalle beschränken sollen? Jetzt ist es zu spät, da will ich jetzt durch. Nach dem vierten Intervall bin ich froh, dass ich wieder traben darf – aber was ist das denn? 6:00/km fühlt sich richtig gemütlich an. Toll!

Auf die Auswertung bin ich ja sehr gespannt. Und da steht’s: 5:18, 5:17, 5:17, 5:14. Mit Ein- und Auslaufen ist es nicht der schnellste Lauf aller Zeiten, aber ich bin doch ganz überrascht. Das Gefiepe muss ich nun wirklich nicht bei jedem Lauf haben, aber ich mache das sicher bald wieder mal.

Laufen auf Dienstreisen – Wedel

Die nette Kursteilnehmerin hat mir extra noch ein bisschen Google-Map ausgedruckt, damit ich a) mein Hotel finde und b) anschließend schön laufen kann, ohne abhanden zu kommen.

Um Wedel ist es wunderschön, ganz flach, Wiesen zum Teil mit kleinen Kanälen abgegerenzt statt mit Zäunen, blühende Büsche, grünende Bäume, ein paar Kühe und ganz viele Schafe mit niedlichen Lämmern. Es gibt schmale asphaltierte Wege, wo nur ein paar Radler unterwegs sind. Irgendwann komme ich zu einem Deich und kann zwischen noch mehr Schafen an der Elbe entlang laufen. Das Abendlicht ist schön, und es kommt mir fast wie Urlaub vor. Auf dem Rückweg kommt mir ein größerer Lauftreff entgegen, die meisten grüßen freundlich. Nach rund 10km bin ich wieder am Hotel und freu mich auf Abendessen mit Bier dazu.

Nicht, dass ich meine Arbeit nicht mag, aber irgendwie sind die Läufe inzwischen doch das Beste an den Dienstreisen.

Geheimer Düsenantrieb

Es gab beinahe plausible Gründe: Der Schuhalarm hat mir eine Mail geschickt, dass das allererste Paar seine besten Zeiten überschritten habe. Im Natural Running Kurs wurde sehr empfohlen, es einmal mit leichteren Schühchen zu versuchen. Außerdem habe ich doch den ersten HM geschafft, eine kleine Belohnung war doch da angebracht, oder etwa nicht?

Habe mich also ins Laufschuhgeschäft meines Vertrauens am Rüdesheimer Platz gewagt und dem Experten gegenüber das Stichwort Lightweight Trainer fallen gelassen. Der Experte befragte mich ein bisschen nach den anderen Schuhen, Anlass und Verwendungszweck und stellte dann eine kleine Kollektion zusammen. Ich durfte mit allen um den Block rennen und war da schon entzückt, wie schnell die sind („die“, nicht etwa ich). Dann habe ich mich für Schuhe entschieden, von denen ich eigentlich glaube, dass sie „viel zu gut für mich“ sind: Saucony Grid Fastwitch 4 in GRÜN.

Eben habe ich sie ausprobiert.

Suuuuuper!!! Ich merke kaum, dass ich Schuhe an den Füßen habe. Der geheime Düsenantrieb funktioniert selbst bei mir, bin meine 8 Parkkilometerchen praktisch geflogen und habe mich noch gar nicht mal allzu sehr angestrengt. Ich glaube die grünen Hexen und ich werden noch viel Spaß zusammen haben.

Berlin ist ein Dorf

Frühstück: Speed-Bunny hat mir beim inzwischen vielfach besungenen Jogmapper-Treffen versichert, ich müsse mich nicht mit zwei Scheiben Toast zufrieden geben, es dürften auch Brötchen sein. Was ein Glück! Schon in Laufklamotten zum Bäcker gesaust – der hat noch zu. Durch ein offenes Fenster mein Dilemma erklärt (Ich brauche Brötchen! Jetzt gleich! Ich muss LAUFEN, ich bin so AUFGEREGT!), da hat die Bäckereifachverkäuferin ein Einsehen und reicht mir ein Mohn- und ein Sesambrötchen durchs Fenster.

U-Bahn-Fahrt: Der Kollege steht wie abgesprochen im zweiten Wagen, ich steige zu. Umsteigen klappt, doch an der Eisenacher Straße: tinadoro, meine liebe Sonntagslauffreundin, steht nicht da. Das kann eigentlich gar nicht sein. Der Kollege lässt sich überreden, auszusteigen und die nächste Bahn abzuwarten, doch tinadoro kommt nicht. Ich bin erschüttert, das sieht ihr gar nicht ähnlich! Sehr verwundert fahren wir mit der nächsten Bahn weiter.

Dixie-Schlange: Kleiderbeutel abgeben, den extra für tinadoro maßgeschneiderten Müllsack dem Kollegen überlassen und auf geht’s, die vermeintlich kürzeste Dixie-Schlange zu finden. Und, welche Überraschung: Hurra, da steht sie in der Schlange! Kaum zu glauben, dass es möglich ist, hier irgendwen zu finden. Das Missverständnis mit der U-Bahn wird aufgeklärt und wir machen uns auf zum Startblock E.

Kurz nach dem Start: Noch ein bekanntes Gesicht, Inumi! Wie schön, dich auch zufällig im Gewühle zu sehen, und genau wie du gesagt hast, wie schön, endlich ein Gesicht zum Blog zu kennen.

Brandenburger Tor: Tolle Kulisse, durchs Brandenburger Tor zu laufen. Und direkt davor mein Kleinstfanblock: meine Freundin Silke, die mir schon beim Asics Grand 10 zugejubelt hat. Wie nett, dass sie extra gekommen ist. Danke!

Am 17. Juni: Wie wunderbar, ich werde angefeuert, da stehen WWConny, renbueh und Schalk! Danke, das ist toll, ich freu mich, dass ich die drei gleich entdeckt habe. Ach Quatsch, die sind einfach nicht zu überhören!

Am Kudamm: Diese kleine rothaarige Frau dort… das könnte sie sein… Ich pirsche mich heran, schau sie von der Seite genauer an, und sie ist es: Stachel! Wie schön, dich unterwegs zu treffen. Nach ein paar freundlichen Sätzen laufe ich weiter, denn ganz offensichtlich habe ich die Zeit nicht ganz richtig eingeteilt, und noch jede Menge Reserven, die so langsam mal raus müssen.

Am Wittenbergplatz: Erst sehe ich tinadoros Familie mit einem Banner, wie schön. Und dann wird wieder mir zugejubelt von zwei Freundinnen, die bestimmt schon ewig drauf warten, dass ich endlich komme, denn der erste, den sie angefeuert haben, war schon nach 1:30 im Ziel. Aber sie haben ausgeharrt und ich freu mich so, sie zu sehen. Am Getränkestand stoßen tinadoro, mein Kollege und ich mit einem Becher Wasser auf tinadoros 1000. Kilometer an, der genau hier vollendet wird. Und auf den Halbmarathon natürlich. Und auf weitere tolle Läufe. PROST! Es geht immer noch leicht, es ist einfach wunderbar. Wir können sogar noch ein Zähnchen zulegen.

Kurz vor der Zielgeraden: nochmal Renbueh, Schalk und WWConny – diesmal haben sie mich zuerst gesehen, sie rufen „yazi!“ – ich bin gerührt und bekomme Gänsehaut. Namentlich zugejubelt zu bekommen, verleiht wirklich Flügel! Und überhaupt, das war Spitzenjubeln, ihr seid die Anfeuerungsköniginnen und -könig!

Noch kürzer vor dem Ziel: Jetzt gebe ich wirklich Gas, ich überhole viele Läuferinnen und Läufer, die sich ihre Kraft vielleicht gleichmäßiger und damit sinnvoller eingeteilt haben. Egal, überholen macht Spaß! Und da steht noch einmal Silke und ruft und winkt, ein letzter Endspurt, da ist das Ziel, die Matten fiepen, ich laufe noch ein ganzes Stück aus, bevor mir einfällt, die Uhr anzuhalten. Egal, die Zeit ist viel besser, als ich fürs erste Mal gehofft hätte (zu Hause im Internet lese ich dann genau nach: 2:17:08 – ich bin total glücklich).

Nach dem Ziel: Chip losbinden, Medaille entgegen nehmen, tinadoro ist auch schon da, und ganz kurz darauf auch der Kollege. Banane, lecker. Ich mag aber kein Wasser mehr trinken, ich will alkfreies Erdinger! Gibt’s auch gleich da hinten. Dann treffen wir Laufnad, die sehr begeistert ist und weiter hinten an den Kleiderlastern auch noch Vic97. Toll! Ein Wahnsinnserlebnis, und was ich am bemerkenswertesten fand, wie leicht es war, in diesen Massen so viele nette Menschen mehr oder weniger zufällig wieder zu treffen. Unglaublich, aber dass Berlin ein Dorf ist, ist ja bekannt.