4. Run for Refugees

Mani pejuta von Jogmap hat mich auf den 4. Run for Refugees aufmerksam gemacht. Ich melde mich an und wir verabreden uns. Von Jogmap kenne ich sie gefühlt schon viele Jahre, aber wir haben uns noch nie getroffen, und das soll sich jetzt ändern.

Organisiert wird der Lauf von den Shisha-Runners (hier ein Artikel aus der Jungle World, sonst sind sie hauptsächlich auf Facebook unterwegs – ich aber nicht). Es sollen zehn Kilometer ums Tempelhofer Feld gerannt werden, bzw. um genauer zu sein: 9,4 km. Als ich um acht ankomme, wird gerade das Versorgungsfahrzeug ausgeladen, aber der Tisch zum Nachmelden steht schon. Ich bekomme die schöne Startnummer 27. Mani pejuta kommt an – sie erkennt mich sofort an meinen gelben Schuhen, und ich sie daran, wie sie mich, angefangen von diesen von unten nach oben mustert. Das muss die Frau sein, die nach einer noch Unbekannten in gelben Schuhen sucht. So ist es und wir fangen sofort an zu plaudern, als würden wir uns schon lange kennen. Sie stellt mir noch ihren Liebsten vor, der am Kuchenbüffet hilft. Das sieht schon vor dem Lauf sehr vielversprechend aus.

Die Atmosphäre ist freundlich und gut gelaunt, es wird ein Zelt fürs Gepäck aufgestellt, einige der Shisha-Runners werden laufen, aber viele sind auch als Helfer da. Mani pejuta und ich laufen uns gemeinsam warm und stehen dann im Startblock, wir werden aber nicht zusammen laufen. Wenn ich eine Startnummer vorne dran habe, will ich mich wenigstens ein bisschen anstrengen, obwohl ich weiß, dass ich ohne externen Antrieb (in Form eines mich scheuchenden Hasen) nicht wirklich beißen kann. Vermutlich ist aber „ein bisschen anstrengen“ von vornherein ein zu halbherziger Ansatz. Egal.

Das Feld zieht sich schnell auseinander und ich laufe wie immer irgendwo mittendrin. Nach ca. drei Kilometern überholt mich ein kleines Mädchen, vielleicht im Alter meiner Nichte (10), mit einem ungeheuer schönen Laufstil. Sie hebt die Knie und die Fersen an, dass es eine wahre Pracht ist. Toll. Auf dem südlichen Streckenabschnitt kommen ein paar LäuferInnen von der Laufgruppe Mauerweg entgegen – von weitem zu erkennen an ihren neonfarbenen Shirts – und da ist ja auch Nina. Ich rufe „Nina“, falle ihr kurz um den Hals und wir laufen in entgegengesetzte Richtungen weiter.

Hinter mir unterhalten sich drei unaufhörlich, wer wo geschlafen hat, bzw. um die Häuser gezogen ist. Und das bei einem Tempo, bei dem ich nicht mehr so locker quasseln kann. Sehr gutes Unterhaltungsprogramm!

Auf der Schleife Richtung Startbahn nähere ich mich dem schön laufenden Mädchen wieder an. Ich sage ihr, dass sie toll läuft. Sie schaut sich um, denn sie will definitiv schneller als Silke sein – aber die ist weit hinten und hat schon keine Chance mehr. Sie erzählt mir außerdem, dass ihre Mutter es nicht gut findet, dass sie läuft, denn es sei zu gefährlich. Dabei ist es doch auch nicht gefährlicher als reiten. Andererseits sieht ihre Mutter auch nicht so gern, dass sie reitet. Und dass sie ein Pferd hat. Aber ihr Vater hat ihr den Wunsch erfüllt. Und herunterfallen gehört beim Reiten einfach dazu.

Dann sind wir höchstens noch 800m vom Ziel entfernt und der tolle Vater kommt von vorne angelaufen. Er ist längst fertig und begleitet jetzt Töchterchen ins Ziel. Das macht er super, lobt sie für ihre Spitzenzeit und im richtigen Moment schickt er sie los zum Endspurt. Die Kleine rennt los, als wär’s nix. Wow. Da kann ich nicht mithalten. Ich versuche stattdessen einen anderen Läufer zu überholen, aber das lässt der sich nicht bieten und mobilisiert nochmal seine letzten Reserven. Ich habe keine mehr, finde das aber auch nicht schlimm und finishe nach selbstgestoppten 52:01 Minuten.

Im Ziel werden alle bejubelt. Ein paar Leute sitzen da und versuchen Zeiten zu stoppen und mit Startnummern in Übereinstimmung zu bringen. Weil sie mich auf der Liste nicht finden, akzeptiert die Rennleitung die handgestoppte Zeit von meiner Uhr und trägt sie auf  der hübschen Urkunde ein. Lustiges Verfahren!

Und da kommt auch schon mani pejuta. Sie hat eine Mitläuferin gefunden, die beiden laufen locker und vergnügt ein und sind beide sehr zufrieden mit ihrer Zeit. Ich kann leider nicht bis zur Siegerehrung bleiben, denn ich bin noch zu einem Geburtstagsfrühstück eingeladen. Das war ein sehr schönes Event. Der 5. Run for Refugees findet im Oktober statt, und ich kann ihn sehr empfehlen.

Laufstrecke

Begegnungen auf dem Tempelhofer Feld

Herbst auf dem Tempelhofer Feld. Es ist warm, der Wind ist angenehm, dramatische Wolken ziehen, Leute lassen Drachen steigen. Ich laufe die kleinen Wege hinter dem ehemaligen Schießstand entlang, als ich Musik höre. Ich sehe niemanden, aber vor mir ist ein Gebüsch, aus dem scheinen Töne zu kommen. Ich laufe außen herum und sehe, wer sie macht: ein junger Mann hat ein Harmonium auf einem Wägelchen hergerollt, er sitzt davor, spielt darauf und singt dazu. Er hat eine tolle Stimme. Es ist ein trauriges Lied, ich kenne es nicht und finde es wunderbar. Ich muss einfach stehen bleiben und das Lied zu Ende anhören. Als er fertig ist, dreht er sich zu mir um, und ich bedanke mich. Er bedankt sich ebenfalls und ich laufe weiter. Hinter mir höre ich, wie er das nächste Lied beginnt.

Harmonium

Vor mir sitzt ein Turmfalkenweibchen auf dem Weg. Ich bleibe sofort wieder stehen und versuche, es nur aus dem Augenwinkel anzuschauen – Vögel merken es, wenn sie direkt angeschaut werden, sie fühlen sich dann belästigt. Frau Turmfalkin lässt mich ganz nah heran kommen, dann fliegt sie auf. Ich laufe weiter.

Zauberlauf

Schon kurz bevor der Wecker lärmt, spazieren die Katzen auf mir rum, schlecken an meinen Haaren und schnurren laut direkt neben meinem Ohr. Ich hab’s gern, außerdem wollte ich sowieso gleich aufstehen und vor der Arbeit laufen gehen.

Es ist kalt draußen, im Westen ist der Himmel noch dunkel. Die Beine sind von Anfang an leicht, der Plan erwartet eine Steigerung von 6:10 min/km auf 5:30 verteilt auf 8km. Ich laufe Richtung Tempelhofer Feld, und als ich durch den weiter westlich gelegenen Eingang am Columbiadamm trabe, liegt vor mir etwa menschhoher Nebel auf dem Feld. Die Stimmung ist herbstlichschön.

Der Blick nach links ist unglaublich: der Himmel ist ein einziges Leuchten aus türkis, himmelblau, rosa- bis orangeglühenden Wolken und Flugzeugkondensstreifen, und davor zeichnen sich wie ein schwarzer Schattenriss die Silhouette der Şehitlik-Moschee mit ihren zwei Minaretten, die alten Bäume des islamischen Friedhofs und daneben die Häuserzeile der Oderstraße ab. Weit weg bläst ein Schornstein dicke Schwaden in die Luft, aber auch das sieht als Umriss wunderschön aus. Diese Farben! Ich bekomme Gänsehaut und bin plötzlich ganz gerührt. Ich biege rechts auf den Rundweg ab, die Steinfassade des Flughafengebäudes fängt an, rosa zu leuchten. Noch brennen die Straßenlaternen auf dem Tempelhofer Damm und im Süden an der Autobahn vor dunklem Hintergrund. Eine S-Bahn, die auf dem Ring fährt, leuchtet golden. Aus dem Nebel taucht ein Paar mit Hund auf, die obere Hälfte der Menschen ragt schon schwarz aus dem Dunst, die untere ist unscharf grau, genau wie der Hund. Die Müllcontainer, die weiter weg am Rand der Landebahn stehen, sehen aus wie Kühe im Nebel. Es läuft wie von selbst, die Umgebung ist so schön, dass ich schon wieder ganz ergriffen bin. Ich muss an den Marathon denken. Am Sonntag, das sind nur noch vier Tage, ich bin aufgeregt, aber dieses Mal sicher, dass es toll wird. Bilder vom ersten Mal kommen mir in den Sinn.

Am Zaun des Hundeauslaufgebiets hängen weiß betaute Spinnennetze wie Weihnachtsdeko, und der wilde Wein der am Außenzaun des Geländes rankt, hat sich schon dunkelrot verfärbt. Einige Ahornbäume fangen an, es ihm nachzumachen. Das tut auch der Himmel, es wird heller, rosa wird zu gelb, bald muss die Sonne aufgehen. Das kann ich aber nicht sehen, denn ich bin inzwischen zu nah an Bäumen und Häusern. Links des Wegs sitzt ein Fuchs im nassen Gras. Soll ich langsamer werden? Er sitzt ganz still. Als ich wenige Meter von ihm entfernt einfach stehen bleiben muss – er ist so hübsch! – springt er mit allen Vieren gleichzeitig hoch, wendet in der Luft und schnürt dann gelassen davon.

Die Sonne ist inzwischen aufgegangen, sie spiegelt sich in den Fenstern des Flughafengebäudes und auf dem kugeligen Radarturm. Ich laufe weiter im Schatten, verlasse das Gelände und mache mich auf den Heimweg. Lilienthalstraße, Südstern, Körtestraße, schon da. Das war ein ganz verzauberter Lauf, der letzte nennenswerte vor dem großen Tag, und ich widme ihn allen, die am Sonntag in Berlin oder sonstwo starten werden: das wird toll.

Sonntags auf dem Tempelhofer Feld

Der Plan sieht nur 14 km vor, die Sonne scheint. Für die urbane Läuferin, die sich im Vorfrühling ein Maximum an Sonneneinstrahlung bei einem Minimum an gefrorenem Wasser auf den Wegen erhofft, bietet sich da das Tempelhofer Feld an. Die Nachbarin, die ich im Treppenhaus treffe, findet es draußen sehr kalt, so dass ich schnell noch einmal umkehre und mir sicherheitshalber eine Mütze hole. Danke Frau Nachbarin, die war sehr nützlich!

Der Parkweg in der Mitte der Fontanepromenade ist noch schneebedeckt, das wird ja ein besonderes Laufvergnügen. Auch in der Hasenheide ist es nicht besser. Hubbeleis, im Schatten noch elend glatt, in der Sonne oben leicht angetaut, so dass sowas ähnliches wie Bodenhaftung möglich ist. Um wenigstens ein bisschen Steigung zu simulieren, nehme ich noch schnell die Rixdorfer Höhe mit. Hoch ist ok, runter extrem rutschig. Gut, das wäre also auch mal geübt.

Über den Eingang Oderstraße erreiche ich das Tempelhofer Feld und erblicke ein Ritterlager. Ich weiß ja, dass unser Hobby auch öfter mal als reichlich abwegig bestaunt wird, da sollte ich gestandenen Männern, die in Ritterkostümen mit Helm, Brustpanzer, Schild und Schwert lustige Übungen abhalten, aufgeschlossen gegenüber stehen. Es ist ja wohl einer der großen Vorteile der Großstadt: egal, wie ausgefallen die Vorlieben sind, es finden sich garantiert immer welche, die sie teilen. Die Ritter haben eine blaugelbe Standarte aufgepflanzt (so heißt das doch?) und sich in einem Quadrat von fünf Reihen mit je fünf Männern aufgestellt, man sagt wohl „in Reih‘ und Glied“. Der Oberritter hat den prächtigsten Umhang und brüllt die Unterritter gelegentlich an. Noch bewegen sie sich nicht, und ich hoffe ein bisschen, dass sie noch da sein werden und ein bisschen mehr Action bieten, wenn ich zurück komme.

Ich nehme den Weg außen rum gegen den Uhrzeigersinn. Die Sonne scheint, es ist warm, ich kann die Handschuhe ausziehen. Nur einen Moment brauche ich, um zu realisieren woran es liegt, dass die Entgegenkommenden einen ziemlich frösteligen Eindruck machen: der eisige Ostwind schiebt mich von hinten. Noch. Schon als er mich von der Seite trifft, ziehe ich die Handschuhe wieder an. Brrrr. Der südliche Rundweg ist stellenweise noch ziemlich verschneit bis verhubbeleist. Trotzdem kaum zu glauben, dass ich mich hier vor einer Woche noch im Schneesturm voran gekämpft habe. Ich werde von einigen Läuferinnen und Läufern überholt, aber da vor mir ist einer, der ist noch langsamer als ich. Komisch, vermutlich trainiert der ja auch langen langsamen Lauf, und ich brauche mir beileibe nichts darauf einzubilden, aber irgendwie macht überholen doch auch ein wenig Spaß.

Am östlichen Ende des Parks steht einer dieser fantastischen Toilettencontainer. Die sind wirklich wunderbar, immer in ziemlich gutem Zustand, es gibt Wasser aus dem Hahn und es ist nicht nötig ein 50-Cent-Stück für eine dieser sogenannten „City-Toiletten“ dabei zu haben oder in Lokalen betteln zu gehen. Nach einem kurzen Boxenstopp geht es mit dem Wind nach Westen. Ich laufe wieder mal auf dem weißen Strich in der Mitte der Startbahn – nur bei meinem heutigen Tempo will nicht so richtig das Gefühl aufkommen, ich könnte am Ende abheben.

Auf der nördlichen Landebahn bläst mir dann der Wind wieder kräftig entgegen. Es macht aber nichts, wenn ich noch langsamer werde, denn links gibt es wieder reichlich Unterhaltungsprogramm. Die Kitesurfer sind heute sehr aktiv, teilweise mit diesen Skateboards mit großen Rädern, teilweise auch noch mit Snowboards – wobei die Schneedecke schon ziemlich viele braune Flecken aufweist. Jemand hat mit einer Schablone auf den Asphalt ein ganz ordenliches blaues „Kite-Verbot auf der Landebahn“ gesprüht. Ich frage mich, ob das wohl eine bereits geltende Regelung oder eine Forderung ist. Die Form – ich meine gesprayt! – deutet schon auf eine etwas seltsame Mischung aus Spießigkeit und Spontitum hin. Aber ehrlich gesagt, habe ich mich auch schon manchmal gefürchtet, wenn weniger erfahrene Kiter etwas unberechenbare Manöver gefahren sind. Auf der Wiese sind sie mir irgendwie doch lieber.

Hurra, die Ritter sind noch da. Ich fühle mich sehr gut unterhalten, denn jetzt üben sie eine Art Schildkrötenpanzer: der Oberritter brüllt, die Unterritter klopfen mit ihren Schwertern gegen die Schilder, und auf ein zweites Kommando bilden sie einen Kreis und halten die Schilde nach außen. Sehr schön.

Ich drehe noch einen Viertelkreis, um den Ausgang am Columbiadamm in der Nähe der Lilienthalstraße zu nehmen. Ich komme an einem chinesisch anmutenden Pavillon vorbei, den ich noch nie wahrgenommen habe. Er gehört zum Berliner Shaolin-Tempel, und ein Hinweisschild verkündet, dass man hier kostenlos an Kampfkunstunterricht bei den Shaolin-Mönchen teilnehmen darf – oder durfte, die letzten Termine lagen schon vor dem Winter. Ob die das Programm wohl wieder aufnehmen? Denen würde ich auch gerne mal zusehen.

Der Heimweg durch die Lilienthal- und Körtestraße ist unspektakulär. Die Kreuzbergerinnen und Kreuzberger spazieren in Scharen, aber ich bin ja schon fertig und kann mich jetzt dem weiteren Sonntagsprogramm widmen.

Marathonstaffel auf dem Tempelhofer Feld

Der Hase holt mich in aller Frühe ab – von wegen senile Bettflucht, ich war am Vorabend auf einer Hochzeit eingeladen! – aber, da er ja immer noch ein wenig verstimmt ist, hoffe ich, ihn dadurch zu versöhnen, dass ich ihn nicht alleine im Hangar des ehemaligen Tempelhofer Flughafens Startnummern abholen, rumstehen und warten lasse. Ich hoffe, er weiß das zu schätzen.

Kurz nach uns trifft unsere wunderbare Organisatorin ein, die sogleich den Tisch-und-Bank-Verleih erblickt und eine Garnitur spendiert. Super! Weil noch kaum was los ist, können wir die in der zweiten Halle nach dem Start direkt an der Absperrung der Laufbahn aufstellen, ein Spitzenplatz, von dem aus wir prima jubeln können (und Schals, Mützen und Handschuhe abnehmen, die auf der zweiten Runde nicht mehr gebraucht werden, aber das wissen wir da noch nicht).

Von der Bühne ist undeutlich eine Durchsage zu hören, dass der Start verschoben werde – wir witzeln rum, dass es wohl am Nebel liegen muss, bei dem auf einem Flughafen eben nicht gestartet wird. Die Zuversicht, dass Kollege A. dann wenigstens seinen Einsatz nicht verpassen wird, wird sich leider zerschlagen, denn nicht die Staffel wurde verschoben, sondern irgendein anderer Lauf (Kinder? Schüler?). So kommt es, dass wir später die Teams spontan etwas neu mischen müssen. Ein kurzfristiger Ausfall macht es außerdem notwendig, einen darauf gar nicht eingestellten Kollegen aus dem Bett zu klingeln – toll, dass er sich so spontan auf den Weg macht.

Als erstes macht sich der Hase mit zwei Kollegen auf zum Start. Wir können von unserem Platz aus erkennen, wie in der anderen Halle die Hände aller Läufer in die Luft gehen. Der Startschuss fällt und sie laufen auf uns zu. Wow, sind die ersten schnell! Unsere drei Läufer brauchen ca. 2 Minuten, bis sie unseren Stützpunkt passieren – leider so fix, dass es mir nicht gelingt, den ersten zu fotografieren. Auch die anderen beiden Bilder werden keinen Preis für gelungene Sportfotografie bekommen, aber egal, verwackelt sieht vielleicht dynamisch aus. Die ersten laufen 12,195km in zwei Runden, so dass sie nach einer halben Stunde zum zweiten Mal vorbei kommen. Wir jubeln – und versuchen wieder zu fotografieren – dann machen wir Zweiten uns so langsam bereit für die 10km.

Mir gefällt die Wechselzone: da gibt es eine große Leinwand, die die Läufer 50m vorher zeigt, wir sehen sie also bereits, bevor sie ums Eck biegen. Am linken Rand laufen die Startnummern mit. Ein Erstläufer sucht verzweifelt seine Ablösung, also sowas, wie kann man ihn nur so warten lassen? Da kommt auch schon der Hase, klatscht mich ab und brüllt „Zeig’s ihnen, Igel!“ Das will ich tun und laufe los. Erstmal darf ich den Supportern an der Bankgarnitur zuwinken. Aus der Halle geht es hinaus, unter dem großen Vordach des Flughafens entlang, dann nach Osten, dann auf der nördlichen Startbahn zurück Richtung Gebäude. Der Flughafen ist ein Heimspiel, so gern bin ich hier im Sommer gelaufen!

Was mir auch sehr gut gefällt: sonst sortiere ich mich im Startblock immer nach bestem Wissen und Gewissen so ein, dass ich zwischen einigermaßen ähnlich schnellen bzw. eher langsamen Menschen laufe. Das ist hier anders: immer wieder werden wir von ganz schnellen Läuferinnen und Läufern der Spitzenteams überholt, die nur so vorbei fliegen. Das ist wirklich toll anzusehen und sehr unterhaltsam. Ich erinnere mich, dass ich letztes Jahr die Startbahn elend lang fand. Heute ist das ganz anders, irgendwie vertraut, denn ich weiß genau wie lang sie sich laufenderweise anfühlt. Vermutlich trägt aber auch der Ostwind dazu bei, dass mal wieder „am-Ende-flieg-ich-einfach-los“-Euphorie aufkommt.

Da ist auch schon die erste Runde vorbei, mir wird zugejubelt („Volle Kischde!“), ich werfe die Handschuhe der Kollegin über die Absperrung zu und bin auch schon wieder aus der Halle draußen. Von unseren drei Teams laufe ich in der Mitte. Ich rechne jeden Moment damit, von hinten überholt zu werden, hoffe aber gleichzeitig, den einzuholen, der da zwei Minuten vor mir starten konnte. Bei km 8 habe ich ihn. Ich fordere ihn auf, jetzt dran zu bleiben, aber das möchte er lieber nicht. Na gut, ich laufe jetzt einfach, so schnell ich kann weiter. Wunderbar, ich werde nicht eingeholt! Kurz vor den Teamzelten steht der Hase und brüllt mir zu, wer meine Ablösung sein wird – der, der eigentlich dran wäre, steckt noch in der U-Bahn fest. Aber wir sind ja flexibel. Nr. 3 ist nicht zu übersehen, mit beiden Armen winkend, steht er gleich vorne. Ich schicke ihn auf den Weg, umarme noch die Kollegin, die ebenfalls als dritte starten wird, und wünsche ihr viel Glück. Geschafft!

Am Tee- und Wasserstand treffe ich einige der anderen. So langsam kenne ich ja schon den Zustand, einen Lauf glücklich beendet zu haben, das Lachen und Erzählen, das Erlebte austauschen, wer wo den Wind gespürt/einen Hasen gefunden/Mühe mit der Wade gehabt/sich über die aus dem Nebel hervorbrechende Sonne gefreut/doch ziemlich geschwitzt… hat. Toll! Wer nie so einen Lauf mitgemacht hat, kann sich sicher gar nicht vorstellen, wie viel man sich da anschließend zu erzählen hat (und wenn, fände so jemand das bestimmt entsetzlich langweilig).

Ein bisschen was – ach was, gar nicht so wenig! – von der Euphorie war auch heute noch zu spüren, und ich freu mich schon aufs nächste Laufevent mit den Kolleginnen und Kollegen.