Ein paar Stunden nach einem gemütlichen Frühstück breche ich zu einem Neujahrsläufchen auf. Vor der Haustür wende ich mich nach rechts – hier bin ich noch nie entlang gelaufen. Es geht Richtung Südstern und dort in den Nordwesteingang der Hasenheide. Das Wetter ist bedeckt, aber trocken, ein nicht unwesentlicher Teil der Kreuzberger Bevölkerung scheint sich auf Neujahrsspaziergang zu befinden. Ich trabe gemütlich durch mein altes Laufrevier und lasse die Gedanken schweifen – hier habe ich vor vier Jahren meine ersten Jogmap-Kilometer erlaufen. Hier und am Landwehrkanal. Nach dreieinhalb Jahren bin ich wieder da. Der Dezember war der stressigste seit ich mich erinnern kann – viel Arbeit auf Arbeit und viel Arbeit mit der neuen Wohnung. Am 22. bin ich umgezogen, da waren die Mitbewohnerinnen schon seit drei Tagen da.
Ich laufe rechts um den Hügel herum. Hat der eigentlich einen Namen? Hier kann ich demnächst schön hügelkreiseln üben. Schön, wieder hier zu wohnen. Am Südende verlasse ich den Park, quere den Columbiadamm und laufe an der Moschee und dem islamischen Friedhof vorbei zum Eingang des Tempelhofer Felds. Toll, das war damals noch nicht geöffnet, wunderbar, dass es jetzt zu meinem Laufrevier gehört. Ich denke an unser Weihnachtsessen am 24. – wir haben zwei Traditionen zusammen gelegt: um 16:00 Uhr war Familienweihnachten mit Liedersingen und Geschenken, gegen 19:00 Uhr kamen die anderen Gäste – die, die ich schon seit Jahren zu einem eher unweihnachtlichen chinesischen Feuertopf einlade. Großes Geschnippel, um 20:00 Uhr war alles fertig und der Tisch bog sich fast unter all den leckeren Sachen. 15 Personen kamen zusammen, es hätte aber auch nicht ein Stuhl mehr an den Tisch gepasst – und hinterher gestehen die große Mitbewohnerin und ich einander, dass wir ziemlich besorgt waren, ob das alles gut gehen kann. Es ging aber gut, die große Tischrunde hatte viel Spaß und das Essen war köstlich. Vollkommen egal, dass in allen anderen Räumen noch Umzugskisten standen.
Es ist windig, und es sind einige Kitesurfer unterwegs. Denen sehe ich gerne zu, wie sie sich auf ihren Skateboards ziehen lassen, um dann mit einem eleganten Luftsprung zu wenden. Auch auf Skateboards montierte Surfsegel sind unterwegs. Ich freu mich, dass es so gut läuft. Einen kurzen Moment denke ich darüber nach, was ich wohl in einen läuferischen Jahresrückblick schreiben würde, habe dann aber doch keine Lust dazu – dass der Berlin-Marathon geplatzt ist, war einfach doch zu enttäuschend, und danach lief auch nicht mehr gerade viel. Kein Motivationstief, sondern Wadenbein. Aber heute tut es überhaupt nicht mehr weh, also lieber über neue Pläne nachdenken. Oder darüber, wie das Einleben in der neuen WG sich anfühlt. Ich fühle mich schon richtig zu Hause, auch wenn wir noch lange nicht fertig eingerichtet sind. Zu Silvester hat die kleine Mitbewohnerin zwei Freundinnen eingeladen. Sie wurden von den Eltern gebracht, und wir wurden vor allem von dem einen Vater gründlich begutachtet, ob es wohl sicher ist, Töchterchen bei fremden Leuten Silvester feiern zu lassen. Letztendlich haben wir die Prüfung bestanden. Neben der großen Mitbewohnerin und den drei Teenies war Titouli da, es gab Raclette mit köstlichen Zutaten – ein ganz großer Pluspunkt meiner neuen Familie ist, dass sie unglaublich gerne und gut essen, das ist toll. Um Mitternacht waren wir draußen, haben einander und der Nachbarschaft ein glückliches neues Jahr gewünscht und auch ein bisschen Feuerwerk gezündet.
Nach einer großen Runde ums Tempelhofer Feld verlasse ich den Park an der Nordostseite, quere wieder den Columbiadamm und nehme den Rückweg wieder durch die Hasenheide. Auch ein schöner Park, ich mag die vielen alten Bäume. Der Durchgang durch den kleinen Zoo ist leider zu, da werde ich mich bei den Tieren ein andermal zurückmelden. Nach knapp 10 km bin ich wieder zu Hause. In der Küche steht Kaffee auf dem Tisch und es wird schon wieder gemütlich geplaudert, da trinke ich doch schnell noch vor dem Dehnen und Duschen ein Tässchen mit. 2013 wird schön.