In der Vorstellungsrunde habe ich gesagt, dass wer Laufsachen dabei habe, am Dienstag mit mir laufen gehen könne. Die Laufgruppe besteht derzeit zwar nur aus einem Kollegen (der auch noch auf Dienstreise ist) und mir, aber es wird so oder so gelaufen. Wer mag, kann mit. Dieses Angebot mache ich öfter, aber es kommt nur gelegentlich vor, dass tatsächlich jemand mitkommt. Dieses Mal finden zwei Kursteilnehmer Laufen nach Feierabend prima, aber nur einer hat Laufschuhe dabei.
Als der Kurs für heute fertig ist, gebe ich einen kleinen Vorsprung, damit meine Laufbegleitung ins Hotel gehen und sich umziehen kann, ich arbeite noch ein wenig, ziehe mich dann auch um und laufe los. Ich habe mir eine Strecke überlegt, die am Ku’damm startet und ein bisschen touristisch ist. Zur verabredeten Zeit treffen wir uns vor dem Hotel. Wir laufen nach Norden Richtung Lietzensee. Ich hoffe ein bisschen, dass der Park um den See beleuchtet ist. Ist er aber leider nicht, so dass wir im Bogen drum herum laufen müssen. Der Gast findet die Altbauten mit den erleuchteten Fenstern schön und freut sich, dass in den Nebenstraßen so wenig Verkehr ist. Das finde ich sehr freundlich von einem, der es nicht gewohnt ist, in der Großstadt zu laufen. Wir queren die Neue Kantstraße und etwas später den Kaiserdamm und laufen auf die Schloßstraße zu. Hier kann man schön auf dem Grünstreifen in der Mitte direkt aufs beleuchtete Schloss Charlottenburg zu laufen. Leider habe ich keine Ahnung und kann nicht viel zum Schloss erzählen. Ich weiß gerade mal, dass das das Gebäude an der Ecke zur Linken das Museum Berggruen ist – das Pendant dazu auf der rechten Seite fällt mir zu meiner Schande gerade nicht ein (es ist die Sammlung Scharf-Gerstenberg).
Wir laufen durch ein kleines Tor in den Schlosspark, rechts ums Schloss herum und gleich wieder an der Spree entlang nach Osten. Es ist ziemlich finster, aber mein Gast ist mit der Strecke sehr zufrieden, lobt das Schloss und die Spree, und hofft, dass er das nächste Mal im Sommer kommen und im Schlosspark laufen kann. Der Mond ist fast voll und bescheint einigermaßen den Weg am Wasser entlang. Unter den Brücken ist es stockfinster. Wir laufen unter der historischen Fußgängerbrücke, dem Siemenssteg durch bis zu der Stelle, wo Spree, Landwehrkanal und Charlottenburger Schifffahrtskanal zusammen treffen. Die Stelle sieht auch bei Nacht sehr schön aus.
Ab hier geht es wieder nach Süden, wir wählen wieder Nebenstraßen, kommen am Standesamt Charlottenburg vorbei, sehen den Turm vom Rathaus Charlottenburg, als wir die Otto-Suhr-Alle queren, und können an der Krumme-, Ecke Bismarckstraße durch die Glasfassade ins Innere der Deutschen Oper schauen. Wir folgen der Krummen Straße weiter nach Süden. Beim Überqueren der Kantstraße empfehle ich für spätere Gelegenheiten die Teigtaschen im chinesischen Restaurant Selig sowie die taiwanesische Nudelsuppe im Lon Men’s Noodle House.
Wir erzählen einander von unseren Laufgewohnheiten – mein Gast kommt vom Meer und läuft auf dem Deich. Dort gibt es entweder Rücken- oder Gegenwind. Sein Sportverein veranstaltet traditionell einen Lauf, der lustigerweise 6,4 km lang ist, weil der, der ihn als erstes „vermessen“ hat, ziemlich schlecht schätzen konnte. Weil die Strecke bis zu einem Denkmal aber sehr schön und passend ist, ist es dabei geblieben. Schöne Geschichte. Am Ende der Krummen Straße biegen wir in die Wilmersdorfer Straße ein und laufen zurück Richtung Ku’damm. Weil die Strecke hübscher ist, wählen wir den kleinen Umweg über die Giesebrechtstraße und den Meyerinckplatz. An der Ecke Ku’damm trennen sich unsere Wege. Wir bedanken uns gegenseitig für den angenehmen Lauf, mein Gast läuft nach rechts Richtung Hotel, ich über den Olivaer Platz Richtung Schöneberg.