Vo dr Alb ra*

Besuch bei den Eltern. Hier in der Gegend stehen überall Höhenmeter herum, aber um die Bilanz ein wenig zu schönen, frage ich meinen Vater, ob er mich vielleicht ein Stück zu einem geeigneten Startpunkt fahren könnte. Klar, sagt der. Super. Ich klickere mir eine Strecke bei gpsies.com zusammen: Start ist der Wanderparkplatz in Hülben auf der Schwäbischen Alb, von dort geht es mehr oder weniger an der Albkante und diversen Aussichtspunkten entlang, parallel zum Ermstal über Hörnle und Jusi zurück nach Riederich. Es sollen 18 km „langsamer Dauerlauf“ werden. Langsam? Garantiert, denn es sind zwar 395 Meter Höhendifferenz zu meinen Gunsten, aber dafür geht es insgesamt 343m hoch und 684m runter.

Nachdem wir uns auf einen Wanderparkplatz geeinigt haben (nein, nicht der am Segelflugplatz, der auf der anderen Seite, wenn man von Urach hochkommt), werde ich ausgesetzt und darf mich alleine nach Hause durchschlagen. Erst folge ich einem asphaltierten Weg, dann führt ein schmaler Weg schön oben an der Kante entlang durch Buchenwald, links geht es abwärts, an manchen Stellen polstert Buchenlaub den Weg. Das ist ein schönes Laufgefühl.

Buchenwald an der Albkante

Der erste tolle Aussichtspunkt heißt Buckleter Kapf, der Blick öffnet sich über das ganze Ermstal. Der nächstgelegene Ort ist Dettingen, dahinter Metzingen. Das in der Bildmitte ist der Metzinger Weinberg, der mir neulich noch hoch und steil vorkam. Irgendwie ist halt alles relativ.

Ermstalblick

Von hier aus geht es um ein Seitental, am Segelflugplatz vorbei über Seizenfels und Deckelesfels. Es läuft sich ganz wunderbar. Dann verpasse ich eine Abzweigung, die mich sanft ins Tal hinunter geführt hätte, stehe plötzlich an der Karlslinde auf dem Kienbein (hier gibt es einen Verteidigungswall aus der späten Eisenzeit). Die Aussicht ist wieder toll, dafür muss ich jetzt auf einem steilen Serpentinenpfad abwärts. Am Schillingskreuz ist tatsächlich eine Kreuzung, wo Wege nach Dettingen, Neuffen oder eben hoch aufs Hörnle führen. Das Kreuz ist ein Gedenkstein für einen Herrn von Schilling der auf der Bärenjagd verunglückte und an dieser Stelle starb. Danach geht es zuerst steil, dann wellig, dann nochmal ziemlich steil bergan. Nach rechts ist der Blick zum Hohen Neuffen sehr schön.

hohenneuffen

Das ist für die Flachländerin alles recht strapaziös, und so mache ich gelegentlich Foto- und Gehpausen, und irgendwann, als ein Vogel ganz wunderbar zwitschert, fällt mir wieder ein, dass ich diese App auf dem Telefon habe, Zwitschomat, das ist eine Art Vogelstimmen-Shazam. Die muss ich endlich ausprobieren. Da der Vogel freundlicherweise immer weiter fiept, gelingt es, den Gesang aufzunehmen. Die App denkt ein bisschen nach und liefert mir dann die Singdrossel. Großartig!

Das letzte Stück ist ziemlich steil. Ich höre wieder eine Vogelstimme – klingt nach Raubvogel. Aber bevor ich wieder das Handy aus dem Gürtel fummeln kann, sehe ich, dass da ein Mann auf einer Pfeife bläst. Ich sage ihm, dass ich ihn fast für einen Vogel gehalten hätte, da erklärt er mir, dass er so die Bussarde anlocken will. Die kämen dann angeflogen und versuchten, den Eindringling aus ihrem Revier zu verjagen.

An der Steigung finde ich den Buchenlaubteppich nicht mehr so toll, denn er ist dick und drunter sind Matsch und Steine, ich rutsche öfter mal rückwärts und fühle mich irgendwie instabil. Also gehen. Macht auch nichts, das soll ein langsamer Dauerlauf sein, da muss der Puls ja nicht die ganze Zeit unter der Schädeldecke pochen. Irgendwann ist der Aufstieg geschafft, oben auf dem Hörnle (707m) steht eine Infotafel, auf der beschrieben ist, dass das Hörnle fast nicht mehr da wäre. Auf der Neuffener Seite ist nämlich ein Steinbruch, und in den 50er Jahren gab es Pläne, den ganzen Berg abzutragen. Der Albverein agitierte tüchtig für den Erhalt der Natur, während das Zementwerk mit Arbeitsplätzen argumentierte. Eine Bürgerbefragung rettete 1956 den Berg.

Es geht wieder abwärts, sehr steil, steinig, matschig und buchenbelaubt, bevor die letzte größere Steigung auf den Jusi führt. Vom Weg aus sieht man noch den Steinbruch am Hörnle der seit den 70er Jahren nicht mehr in Betrieb ist. Hier ist jetzt ein Naturschutzgebiet, über das eine weitere Infotafel informiert (jaha, ich nutze jede Gelegenheit, mich zu bilden kleine Pausen zu machen).

hoernle

Vom Aussichtspunkt auf dem Jusi sehe ich Riederich – da muss ich hin – das sind jetzt noch sieben Kilometer. Es fängt an zu tröpfeln, als ich Kohlberg hinter mir lasse regnet es gleichmäßig. Noch ein Wald, noch eine Steigung, aber den Gipfel des Florian lasse ich aus – da war ich schon am Donnerstag oben. So langsam schwächle ich wirklich – der von Waldarbeiten zerpflügte Forstweg erfordert so viel Konzentration, dass ich kaum merke, dass der Regen wieder aufhört. Der Weg wird flacher, dann geht es aus dem Wald heraus, den Fuß- und Radweg am Schäferhof vorbei, nach dem Ortseingangsschild unter der Bahn durch, einen letzten kleinen Buckel hoch – geschafft. Schön war’s!

* Übersetzungsservice: „Von der Alb herunter“ – den alten Witz von den drei Geißeln der Menschheit lasse ich jetzt einfach mal weg.

Sonntagslauf – drei Parks und ein Café

In der U4 fragt ein Mann mich nach dem Weg zum Treptower Park – er denkt, ich wolle vielleicht dort laufen – ist aber nicht so, wobei ich das auch mal ausprobieren könnte. Es ergibt sich ein interessantes Gespräch. Er kommt aus Indien, ist früher mal gelaufen und hat Cricket gespielt („In India, we have a game called Cricket“ – ich sage nicht, dass ich das weiß, das hätte nur das Gespräch ins Stocken gebracht), dann musste er aber ordentlich studieren und hat den Sport aufgegeben. Jetzt sieht er immer Leute durch die Parks laufen und denkt sich, dass er das auch mal wieder anfangen sollte, es fehle aber der letzte Impuls. Er meint, er würde sich eine Laufgruppe suchen wollen, ich versichere, das sei eine hervorragende Idee. Zu Hause hat er ein College gegründet, um junge Frauen in technischen Fächern auszubilden, vor allem IT-Dinge. Er scherzt, dass er ein „developer of developers“ sei. Deswegen sei er von der Humboldt-Universität eingeladen worden. Ich finde das alles sehr interessant. Am S-Bahnhof Tempelhof verabschiede ich mich und laufe aufs Tempelhofer Feld.

Erstmal eine Runde außen rum. Zwei ehemalige Kolleginnen kommen mir entgegenspaziert. Ich winke freundlich, habe aber keine Lust stehen zu bleiben, um ein Schwätzchen zu halten. Es sind viele Leute in Laufschuhen, auf Inlinern oder Rennrädern unterwegs. Die in Laufschuhen sind heute alle schneller als ich, aber es soll ja auch „Langsamer Dauerlauf“ sein. Ich nehme den Ausgang Oderstraße und laufe Richtung Hasenheide. Hier war ich lange nicht, es ist aber wie immer: es wird spaziert oder gelaufen, die Dealer stehen an verschiedenen Ecken rum, machen aber keine Kaltakquise – jedenfalls nicht bei Läuferinnen. Das eine Kamel im Tiergehege sieht schrecklich zerrupft aus, hoffentlich hat es nicht aus Versehen das Winterfell zu früh abgeworfen. Die Rixdorfer Höhe kommt mir ganz schön steil vor, aber ich laufe schnaufend hoch. Auf der anderen Seite wieder runter, über den Columbiadamm, an der Moschee vorbei und wieder aufs Tempelhofer Feld. Ich laufe die durch die Hasenheide unterbrochene Runde weiter und begegne zum zweiten Mal den Exkolleginnen – die müssen mich für noch viel langsamer halten, als ich tatsächlich bin. Wieder winken wir uns gegenseitig zu, die eine versucht ein anerkennendes Nicken.

Ich wähle den Ausgang Paradestraße und laufe durchs Fliegerviertel. Kurz vor dem Bahnhof Südkreuz gibt es ein Gewerbegebiet mit schönen alten Ziegelbauten, das ist zwar ummauert, aber es ist möglich, kreuz und quer durch die Privatstraßen zu laufen und an der anderen Seite auch wieder herauszukommen. Dort quere ich die Bahngleise auf dem Alfred-Lion-Steg und nehme dann den neuen Fuß- und Radweg nach Norden Richtung Gleisdreieck-Park. Den betrete ich über den Parkplatz des großen Baumarkts an der Yorckstraße, drehe noch eine kleine Schleife über die Fußgängerbrücke am Sonnendeck, kehre auf die Yorckstraße zurück und laufe nach Westen, unter dem Sozialpalast hindurch bis zur Kyffhäuser Straße, dort nach links bis zum Mattea B. Das ist das Lieblingscafé, wo sie einen sensationell leckeren Kuchen backen – heute neu und sehr empfehlenswert: Aprikosenkuchen, von dem der Kellner behauptet, der sei so fluffig, dass man das Riesenstück praktisch völlig unbemerkt inhalieren könne.

Der erste Schnee

Die Laufgruppe wurde per Mail gefragt, wer denn mal mit laufen wolle – mit dem Versuch, den Schnee als Pluspunkt anzupreisen – aber irgendwie ist darauf niemand reingefallen. Hey, die Leute sind selber groß und alt genug zu entscheiden, ob sie bei dem Wetter vor die Tür wollen. Sollen sich doch alle selber motivieren oder halt drinnen Sport treiben, Winterschlaf halten oder die Zeit sonst verbringen, wie es ihnen gefällt.

Outfit bei minus sechs Grad: innen angeraute Winterlaufhose, Merinounterhemd, Langarmshirt, Laufjacke, Mütze, Handschuhe, ausreichend lange Socken, ganz normale Laufschuhe. Die ersten Schritte auf der dünnen Schneeschicht sind vorsichtig – ist es glatt? Nein, der Untergrund ist griffig. Es ist immer noch sehr kalt, die Flocken ganz fein und pulvrig, bei Gegenwind pieksen sie ein bisschen im Gesicht. Zugegebenermaßen sind die Hände trotz der Handschuhe anfangs eiskalt, nach anderthalb Kilometern aber aufgetaut und warm.

Brücke im Volkspark

Ganz großer Vorteil bei Schnee: im unbeleuchteten Volkspark Wilmersdorf sind dennoch die Wege gut zu erkennen. Wie immer laufen hier Leute, vielleicht nicht ganz so viele wie sonst, aber mir begegnen mindestens vier Personen in unterschiedlichen Vermummungsgraden. Vielleicht bin ich doch ein bisschen zu leicht angezogen, Beine und Arme sind ganz schön kalt, der Wind, der auf dem Rückweg von vorne bläst, ist ziemlich frisch. Aber Hauptsache, Hände, Füße und Kopf sind warm, dann geht’s schon, versuche ich mir warme Gedanken zu machen. Nach einer knappen Stunde bin ich wieder zu Hause und sehr zufrieden mit dem ersten Schneelauf der Saison.

Laufen unterwegs – Drehwurmnavigation

Meine Lieblingsfunktion der guten alten, herztransplantierten Garmine FR 305 ist es, auf gpsies.com erstellte Strecken von unbekannten Gegenden draufzuladen und dann abzulaufen. Das kleine Display zeigt eine sich windende schwarze Linie, die treffend benannte „Wurmnavigation“, es gibt darauf einen winzigen Pfeil, der in Laufrichtung zeigt, und wenn ich vom rechten Weg abkomme, fiept Garmine vorwurfsvoll, so dass ich den Kurs korrigieren kann.

Bevor ich auf Reisen gehe, suche ich immer interessant aussehende Strecken oder bastle mir meine eigenen, die dann praktischerweise direkt von meinem Hotel starten und mich wieder zurückführen. So auch letzte Woche, Arnstadt im schönen Thüringen war das Ziel. Der einzige Haken an Dezemberreisen sind die Lichtverhältnisse auf der Nordhalbkugel: vor und nach Feierabend ist es noch oder schon wieder dunkel, Läufe im Finstern durch unbekannte Wälder sind nicht so mein Ding. Nun ist Arnstadt nicht besonders groß, um also ein paar Kilometerchen ins Kopfsteinpflaster zu brennen, muss es schon kreuz und quer durch die Stadt gehen. Auf Gpsies sieht das super aus, es hat richtig Spaß gemacht, mir zu überlegen, wie ich möglichst viele Gassen, Tore und Kirchen der malerischen Altstadt berücksichtigen kann – der Lauf würde ein touristisches Highlight werden.

Kreuz und quer durch Arnstadt

Meine Kursteilnehmer an dem Tag sind fix unterwegs, das heißt, als ich nach Feierabend aus dem Hotel trete – Hotel Krone am Bahnhof, auf historischen Postkarten als „Erstes Haus am Platz“ gerühmt – wird es gerade erst dunkel. Garmine habe ich schon auf dem Fensterbrett nach Satelliten suchen lassen, ich brauche mich also nur in Bewegung zu setzen. Bis zum Stadtzentrum ist es leicht, auch der Neideckturm am Schloßplatz ist sehr leicht zu finden und schön angeleuchtet, so habe ich mir das vorgestellt. Es geht erst nach Süden, dann nach Westen aufs Riedtor zu – dort erkenne ich auf dem Display, dass ich dort später noch einmal von innen vorbei kommen werde. Aber noch bleibe ich außerhalb. Nach einer weiteren Schleife nach Süden halte ich mich parallel zur ehemaligen Stadtmauer, es geht ein wenig bergan, dann durch eine Villengegend abwärts zur Wilden Weiße, einen knappen Kilometer am Wasser entlang, dann wieder altstadteinwärts – und ab da wird es schwierig. Der Zickzackkurs durch die Altstadt sorgt dafür, dass der Wurm auf meinem winzigen Display einfach nicht mehr eindeutig zu erkennen ist, ständig beißt er sich in den Schwanz, kreuzt sich, ringelt sich um Kurven, so dass ich vollkommen die Orientierung verliere. Hui. Wäre ich in dem Moment etwas souveräner und abenteuerlustiger, würde ich die Uhr Uhr sein lassen und nur noch nach Gefühl laufen. Aber dazu bin ich manchmal zu zwanghaft – jetzt hatte ich mir schon diese 9km rausgesucht, jetzt will ich sie auch laufen – außerdem bin ich inzwischen zu desorientiert. Keine Ahnung, wo der Bahnhof ist. So kommt es, dass ich sehr häufig anhalten, das Licht an der Uhr einschalten muss, rausfinden, wo es jetzt langgeht, so dass beinahe die Schönheiten der Altstadt meiner Aufmerksamkeit entgehen. Nicht ganz, der Marktplatz ist sehr schön beleuchtet, ich nehme auch Liebfrauen-, Ober- und Bachkirche wahr und freue mich, als ich das Riedtor von der anderen Seite wieder erkenne. Die finstere Gasse an der Hohen Mauer ist zudem ziemlich abenteuerlich – aber wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich zu einem nicht geringen Anteil meines Kopfs mit der Uhr befasst.

Als ich wieder im Hotel bin, muss ich ein bisschen über mich lachen – tststs, was hänge ich auch dermaßen an der Technik? Nächstes Mal lasse ich das mit der Uhr vielleicht und laufe einfach nur so kreuz und quer durch die fremde Stadt. So lange, bis ich keine Lust mehr habe, dann frage ich nach dem Bahnhof. Vielleicht…

Advent, Advent

Es ist trüb, aber trocken. Sonntag, Stadtlauf. Es ist nicht so richtig toll für die Motivation, wenn der Liebste überhaupt nicht mehr laufen darf, sondern ganz im Gegenteil eine fiese OP vor sich hat. Es fällt mir schwerer, für den Sonntagslauf großzügig Zeit einzuplanen, wenn ich die gemeinsame Zeit eben nicht nur ums Laufen herum drapieren möchte.

Ich stöpsle mir die Kopfhörer in die Ohren und laufe los. Das glaubt mir keiner, dass ich Weihnachtslieder höre. Tu ich aber. Seit mein Wohnprojekt gescheitert ist, habe ich wieder mehr Zeit und fand, ich sollte endlich mal meinen alten Traum wahr machen und im Chor singen (hat dazu geführt, dass ich jetzt donnerstags auf jeden Fall morgens laufen muss, weil abends Probe ist). Tja, und wer im Oktober einem Chor beitritt, sollte sich nicht wundern, wenn dort Weihnachtslieder geprobt werden. Fürs Konzert stehen 22 Lieder auf dem Plan – und nicht nur das klassische einheimische Liedgut, für das ich aus Kindertagen immerhin noch (fast) die ganzen Texte und die Melodiestimmen drauf habe. Mein neuer Chor singt auch englisch, französisch, lateinisch und schwedisch, und Chorsätze gehen auch ein bisschen anders als das, was in den gängigen Liederbüchern steht. Das will geübt werden. Tja, und bis ich das alles kann, gibt’s eben beim Laufen die Aufnahme vom Konzert aus dem letzten Jahr auf die Ohren.

Ich laufe durch Schöneberg, Richtung Gasometerpark, dann über den Bahnhofsvorplatz vom Südkreuz und weiter Richtung Süden, Richtung Schöneberger Südgelände. Ich bleibe außen auf dem Rad- und Fußweg, der Wind kommt von vorn. Ich versuche, ganz besonders auf die Sopranstimmen zu achten, gelegentlich probiere ich mitzusingen, gebe ich aber schnell wieder auf, dazu reicht die Puste nicht. Blick auf die Uhr – blöd, leider nicht so viel Zeit, da hätte ich früher aufstehen müssen. Ich streiche den Insulaner vom inneren Plan und laufe am Priesterweg in den Südgeländepark. Das ist quasi schon der Heimweg. Manche Lieder klingen so schön, wenn ich da nicht selber mitsinge, werde ich ganz gerührt. Das Parkgelände ist herbstlich kahl und nass, die Graffiti an den dafür vorgesehenen Mauern der einzige Farbfleck. Einige sind richtig toll. Über die Treppe am Nordende verlasse ich den Park, laufe Richtung Westen und kreuze die Autobahn auf dem Fußgängersteg hinter Möbel Kraft. Kurz danach wiederholt sich der „Gummibaum“ – ein Lied von Maybebop, in dem ein Mensch mit Migrationshintergrund die Weihnachtssitten der Einheimischen unter die Lupe bzw. auf die Schippe nimmt. Das ist ziemlich schwer zu singen. Am Rathaus Schöneberg ist Flohmarkt, ich laufe außen rum und nehme dann den direkten Weg Richtung Norden. Ich denke dran, dass wir heute Nachmittag mit einer Freundin zum Plätzchen backen verabredet sind – bei mir. Das ist gut, denn eine relativ neu bezogene Wohnung muss schließlich durch Geselligkeiten „eingewohnt“ werden. Kurz vor dem Viktoria-Luise-Platz, als zum zweiten Mal „Oh Du Fröhliche“ erklingt, frage ich mich, ob ich womöglich an Weihnachten nur noch Punk hören mag. Aber bis dahin ist es ja noch eine Weile, da werden mich die Weihnachtslieder bestimmt noch auf dem ein oder anderen Lauf begleiten. Einen frohen ersten Advent allerseits!